10. Mai 2004 |
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Schreiben an Umweltreferent Dr. Dieter Briese
Beschluss des
Umweltausschusses zu FSC-Holz |
Sehr geehrter Herr Dr.
Briese,
Bezug nehmend auf ein Gespräch in Zusammenhang mit dem Beschluss des Umweltausschusses zu
FSC-zertifiziertem Holz, das zwischen Herrn Schwerhoff, Herrn Dr. Andriske und Herrn
Herrmann am Rande der letzten Ratssitzung geführt wurde, möchten wir Ihnen hiermit in
etwas ausführlicherer Form, als im Rahmen der Sitzung des Umweltausschusses möglich,
unsere Position verdeutlichen.
Der Bürgermeister hatte in diesem Gespräch angekündigt, dass er Sie mit einer
verwaltungsseitigen Aufarbeitung des Vorgangs betrauen und je nach deren Ergebnis den
zuständigen Ausschuss gegebenenfalls erneut befassen wolle.
Der Umweltausschuss beschloss seinerzeit, die Verwaltung zu beauftragen,
"bei allen direkten
Beschaffungen von Holz und im Rahmen der Auftragsvergabe an Dritte eine gültige
Zertifizierung des Holzes durch den Forest Steward-ship Council (FSC) zur Voraussetzung zu
machen. Dem Bauausschuss wird empfohlen, den Beschluss vom 21.01.1989, dass Tropenholz bei
der Stadt Gladbeck nicht mehr zum Einsatz kommen soll, aufzuheben. Dem Umweltausschuss ist
in 2004 über Erfahrungen zu berichten."
Die mit diesem
eindeutigen Beschluss verbundene Intention ging sowohl aus der schriftlichen Begründung
des Antrags, als auch aus der Beratung im Ausschuss hervor und wurde durch den Beschluss
von der Mehrheit des Ausschusses getragen. Sie lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Durch die Entwicklung
der letzten zehn Jahre in Zusammenhang mit der Zertifizierung von Holz ist es inzwischen
sozial und ökologisch sinnvoll geworden, zertifiziertes Holz zu kaufen.

Vor diesem
Hintergrund ist zurzeit ausschließlich das FSC-Siegel glaubwürdig, das von einer breiten
gesellschaftlichen Basis getragen wird und darüber hinaus das einzige weltweit
verbreitete ist.

Weil inzwischen die
oben genannten Voraussetzungen geschaffen sind, ist der Kauf FSC-zertifizierten
Tropenholzes im Sinne des Regenwaldschutzes und der Entwicklung in Ländern der
"Dritten Welt" dem totalen Tropenholz-Boykott vorzuziehen.

Die bisherige Umsetzung
des Beschlusses durch die Verwaltung stellte diese Intentionen allerdings völlig auf den
Kopf:
Der Zuschlag für den
jeweiligen Auftrag erfolgte nach rein monetären Gesichtspunkten - das billigste Angebot
kam zum Zug.

Alternativ zum
FSC-Siegel und zum "konventionellen" Anforderungsprofil wurde auch das - bewusst
nicht vorgeschlagene - "PEFC-Siegel" berücksichtigt.

Es kam zum Kauf nicht
zertifizierten Tropenholzes.

Dass ein ökologischer
und sozialer "Mehrwert" unter Umständen nicht zum Nulltarif zu haben ist,
leuchtet ein. Die Inkaufnahme eventueller zusätzlicher Kosten aus übergeordneten
Beweggründen ist Bestandteil zahlloser Entscheidungen von Politik und Verwaltung. Als
Beispiele seine die Möblierung von Kinderspielplätzen oder die anspruchsvolle Gestaltung
des Rathausneubaus genannt. Wir halten es deshalb für nicht statthaft, mit Verweis auf
die vorläufige Haushaltsführung speziell bei diesem Beschluss auch noch so geringe
Mehrkosten nicht in Kauf zu nehmen.
Kann man die Alternativausschreibung "konventionelles Holz" vor dem Hintergrund
möglicherweise erheblich höherer Kosten zumindest noch nachvollziehen, so ist
die zusätzliche Berücksichtigung des "PEFC-Siegels" ein vollkommen
willkürlicher Akt der Verwaltung: Die Begründung des seinerzeitigen Antrags grenzte das
FSC-Siegel bewusst und deutlich in positiver Hinsicht vom PEFC-Siegel ab. Der Beschluss
ist diesbezüglich eindeutig, die Aufnahme dieser zusätzlichen Anbieter entbehrlich.
Aus der Tatsache, dass Tropenholz ausschließlich dann "gut" ist, wenn es
FSC-zertifiziert ist, ergibt sich im Umkehrschluss, dass jedes nicht FSC-zertifizierte
Tropenholz "schlecht" ist - die Empfehlung an den Bauausschuss war demzufolge
kein Freibrief für die Verwaltung, Tropenholz jetzt wieder prinzipiell zu
beziehen! Oder anders ausgedrückt: Der Tropenholzkauf kann grundsätzlich nur an das
Vorhandensein des FSC-Siegels geknüpft sein - nicht FSC-zertifiziertes Tropenholz ist
dementsprechend nicht zu beziehen!
Selbstverständlich sind einmal gefällte Beschlüsse vor dem Hintergrund gemachter
Erfahrungen oder neuer Erkenntnisse laufend zu überprüfen. Dies kann nach gegebener Zeit
im zuständigen Ausschuss oder im Rat erfolgen. Eine freihändige
"Neuinterpretation" und Ergänzung eines Beschlusses innerhalb der Verwaltung,
die in ihrer Qualität einer Obstruktion gleichkommt, halten wir allerdings für völlig
inakzeptabel!
Dies haben wir auch gegenüber dem Bürgermeister und dem zuständigen Dezernenten
deutlich zum Ausdruck gebracht.
Wir erwarten deshalb selbstverständlich, dass der in Rede stehende Beschluss - wie es
ansonsten geübte Praxis ist - nach "Buchstabe und Geist" umgesetzt und dem
Ausschuss spätestens im ersten Quartal 2005 berichtet wird. Es bleibt der Verwaltung
ungenommen, mögliche gewichtige Gegenargumente zunächst umfassend schriftlich darzulegen
und mit dem Ziel einer Veränderung der Beschlusslage in den Ausschuss zu tragen!
Mit freundlichen Grüßen
Mario Herrmann
Fraktionsvorsitzender
Antwort des städtischen Umweltreferates vom 08.06.2004

Links zu diesem Thema:
FSC-Seite
Deutschland (Forest Stewardship Council)
Antrag "Holz
nachhaltig einkaufen" vom 25.09.2002
Pressemitteilung vom 11.03.2003
Pressemitteilung vom 07.03.2003
Beschlussentwurf vom 07.03.2003
Vorlage der Verwaltung
für den Umweltausschuss am 10.03.2003



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