12. Dezember 2002
Haushalt 2003Hier finden Sie Informationen zur
Haushaltsplanung der Stadt Gladbeck für das Haushaltsjahr 2003. Mit der Wiedergabe der
Haushaltsrede unseres Fraktionsvorsitzenden, Mario Herrmann, versuchen wir die Position
von Bündnis 90 / DIE GRÜNEN in der Haushaltsberatung deutlich zu machen. Bitte wählen
Sie:
Haushaltsrede
(Stellungnahme zum Etat 2003)
Haushaltsvorschläge der Ratsfraktion
von Bündnis 90 / DIE GRÜNEN (Änderungsverzeichnis)
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Stellungnahme zum Etat 2003 der Stadt Gladbeck:
(Es gilt das gesprochene Wort!)
Sehr
geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wenn man an dieser Stelle als vierter Redner das Wort ergreift, ist es etwas schwierig,
noch ihre volle Konzentration zu erhalten, obwohl ich darum natürlich ausdrücklich
bitten möchte. Es hat aber auch den Vorteil, dass wirklich alle Allgemeinplätze
ausgetauscht und alle Binsenweisheiten bereits geäußert worden sind, so dass ich mich
gleich den wesentlichen Fragen zuwenden kann.
Es geht bei der Entscheidung über den vorliegenden Etat vor allem anderen um eine
Grundsatzentscheidung, nämlich um die Beantwortung folgender Fragen:
- Sind wir auch vor dem bekannten
Hintergrund massiver Einnahmeausfälle willens, unsere Verantwortung gegenüber den
Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Gladbeck wahrzunehmen?

- Sind wir ohne außerordentliche
Einnahmen, wie wir sie im laufenden Haushaltsjahr verbuchen konnten, in der Lage, zwischen
notwendigen und unbedingt erforderlichen Aktivitäten einerseits und wünschenswerten,
aber zur Zeit nicht realisierbaren Ausgaben andererseits eigenverantwortlich zu
unterscheiden?

- Schafft es dieser Rat, die Forderung
nach einer unbestreitbar notwendigen Reform der Gemeindefinanzen mit der faktischen
Situation, nämlich dem ebenso notwendigen Verzicht auf bestimmte Ausgaben, zu verbinden?

- Und schließlich: Unterliegt dieser
Rat der Fehleinschätzung, dass die Erfüllung energisch vorgetragener Wünsche gut
organisierter Lobbygruppen den Interessen aller Gladbeckerinnen und Gladbecker entspricht?

Leider führt die Beantwortung
dieser Fragen zu einem unbefriedigenden Ergebnis. Eine Mehrheit in diesem Rat scheint
bereit zu sein, den vom Bürgermeister bereits bei der Einbringung des Etats
vorgezeichneten verantwortungslosen Weg mitzugehen. Es soll heute ein Haushalt auf den Weg
gebracht werden, der eigentlich gar keiner ist. Ein Etat, in dem fast 18 Millionen Euro
als ungedeckte Schecks verausgabt werden, entspricht nicht den Vorgaben seriöser
Finanzwirtschaft.
Für diese Erkenntnis muss man auch weder Kämmerer noch Wirtschaftsexperte sein.
Bürgermeister und Verwaltungsvorstand haben aus ihrem Drehbuch ja auch gar kein Geheimnis
gemacht. Sie wollen, gestützt auf eine Ratsmehrheit, diesen nicht genehmigungsfähigen
Etat bei der Kommunalaufsicht vorlegen und damit die Verantwortung für
notwendige Konsolidierungsmaßnahmen aus der Hand geben, getreu dem Motto Wir
waschen unsere Hände in Unschuld.
Dies ist aber nach Auffassung meiner Fraktion nicht etwa ein besonders schlauer Weg aus
der finanziellen Krise, sondern die Kapitulation vor ihr. Sie sollten sich gelegentlich
bewusst machen, dass sie nicht nur gewählt worden sind, um in guten Zeiten die
Steuergelder der Bürgerinnen und Bürger großzügig zu verteilen. Es ist auch ihre
Pflicht und Schuldigkeit, in krisenhaften Situationen die Wahrheit zu sagen und zu
entscheiden, was weiterhin möglich ist und was nicht!
Wir haben nicht nur bei den Diskussionen um diesen Haushalt wieder festgestellt, dass es
eine ganze Reihe von städtischen Arbeitsfeldern gibt, in denen wir sinnvolle Ausgaben und
Investitionen für wünschenswert hielten. Ganz bewusst hat meine Fraktion jedoch in
diesem Jahr all diese guten Ideen hintangestellt und sich auf Vorschläge konzentriert,
die einen Weg aus der Krise weisen sollen.
Leitlinie und alleiniger Maßstab hierbei war, dass notwendige Ausgaben zur Verbesserung
der Situation von Kindern und Jugendlichen in Kindergärten, Schulen und im
Straßenverkehr absolute Priorität haben.
Deshalb haben wir uns nach intensiver Prüfung auch entschlossen, der Einrichtung
einer zusätzlichen Kindergartengruppe im Gladbecker Süden zuzustimmen. Trotz
mehrfacher Aufforderung war die Verwaltung nicht in der Lage, unsere Zweifel an der
Beteuerung, es gäbe keinen unüberwindbaren Engpass bei den Kindergartenplätzen, zu
zerstreuen. Die vorgelegten Zahlen waren auch im dritten Anlauf aus durchaus
nachvollziehbaren Gründen nicht plausibel. Es kann ja auch nicht sein, dass in
allgemeinpolitischen Debatten über die Konsequenzen aus der PISA-Studie von allen Seiten
betont wird, wie wichtig ein Kindergartenbesuch gerade für Migrantenkinder ist, während
die Verwaltung mangels vorhandener Kapazitäten hoffen muss, dass sich möglichst wenige
dieser Eltern um einen Platz für ihre Kinder bemühen!
Wenig erfreulich sind bekanntermaßen die aktuellen Verkehrsunfallzahlen, die noch einmal
deutlich gemacht haben, dass es notwendig ist, drastische Maßnahmen gegen
unverbesserliche Raser entlang von Schulwegen und in anderen stark von Kindern
frequentierten Bereichen zu ergreifen. Wir begrüßen es deshalb, dass endlich eine
Mehrheit in diesem Hause bereit war, unserer schon seit Jahren vorgetragenen Forderung zur
flexiblen Geschwindigkeitskontrolle durch einen Radarwagen im Grundsatz
zu folgen.
Inwieweit eine interkommunale Zusammenarbeit hierbei ausreicht, oder ob die Stadt
letztendlich doch in eigener Regie tätig werden muss, wird die Erfahrung zeigen. Niemand
kann dies letztlich beziffern, allerdings muss die Frage erlaubt sein, ob wir nicht durch
ein frühzeitigeres Handeln in dieser Richtung nicht schon manchen Unfall hätten
verhindern können. Dass jedoch die CDU-Fraktion an dieser Stelle ihre alte Leier
hervorholt und von angeblicher Abzocke redet, ohne die positiven Folgen zu
berücksichtigen, bleibt ihr Geheimnis. Leider hat sich der Kollege Zienc wohl nicht
durchsetzen können, der sich zu unserer freudigen Überraschung ja bereits vor einigen
Monaten diese alte Forderung der Grünen zu eigen gemacht hatte.
Abgesehen von den genannten Maßnahmen stellte die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen
alles andere ich betone ALLES andere auf den Prüfstand. In besonderer Weise
ist hier die Stadtverwaltung bei ihren alltäglichen Ausgaben gefordert. Wir haben es
daher für durchaus zumutbar gehalten, dass in allen freiwilligen Ausgabenbereichen
außerhalb des Jugendamtes die bereits im Entwurf vorgesehene Globalkürzung
um zehn Prozent noch einmal um fünf Prozent verschärft wird.
Bei einer Reihe auf den ersten Blick sinnhaft erscheinender Ausgabepositionen haben wir
uns die Frage gestellt: Welche Folgen haben sie?
- Welchen Sinn macht es, für 135.000
Euro eine Studie über Entwicklungspotentiale des Freizeitparks Wittringen
in Auftrag zu geben, wenn auf absehbare Zeit keine Mittel vorhanden sind, die zu
erwartenden Vorschläge aus dieser Studie umzusetzen? Der Verweis auf hälftige
Landesmittel bei der Erstellung dieser Studie kann natürlich nicht überzeugen, denn auch
Landesmittel regnen nicht vom Himmel, sondern sind Steuereinnahmen, für die letztlich die
Bürgerinnen und Bürger aufkommen müssen.

- Welchen Sinn macht es, für knapp
90.000 Euro einen provisorischen Kreisverkehr an einer heute
funktionsfähigen Kreuzung zu errichten, wenn auf absehbare Zeit keine Mittel vorhanden
sein werden, diesen in einen attraktiven Endausbau zu überführen?

Im Wissen darum, dass die inzwischen
zahlreichen Beispiele von Städten, welche die unter dem Stichwort Cross-Border-Leasing
( link) bekannten Lücken
im amerikanischen Steuerrecht nutzen, um erhebliche Einnahmen für die Städte und ihre
Etats zu erzielen, durchaus unterschiedlich beurteilt werden, haben wir uns entschlossen,
den Abschluss eines solchen vorteiligen Geschäfts anzuregen. Mit der von uns angesetzten
Einnahme von rund 2,5 Millionen Euro haben wir uns dabei im unteren, konservativen Bereich
befunden. Wahrscheinlich wäre die bei einem Leasing des Gladbecker Kanalnetzes zu
erzielende Summe deutlich höher!
Wir haben uns bei unserem Vorschlag durchaus intensiv mit den Argumenten der Kritiker
solcher Geschäftsabschlüsse auseinandergesetzt. Deshalb sind wir auch im Gegensatz zu
Rat und Verwaltung vieler anderer Städte, etwa Gelsenkirchen, der Auffassung, dass sich
viele Objekte nicht für ein Cross-Border-Leasing eignen. Wir haben jedoch
gemeinsam mit vielen Experten - keinen Zweifel daran, dass gerade ein städtisches
Kanalnetz, dass auch in vielen Jahren noch seinen Dienst tun wird und auch ständiger
Wartung und Instandhaltung ausgesetzt ist, ein ideales Objekt darstellt.
Umso tragischer ist es, dass Bürgermeister und erster Beigeordneter nicht etwa einer
intensiven Prüfung dieses Instruments das Wort reden, sondern mit deftigen Attacken den
Antragsteller abkanzeln und in die düstere Ecke zu schieben versuchen. Vielleicht haben
sie sich in der Verwaltungsspitze damit keine Freunde gemacht, aber ich möchte Ihnen,
Herr Hommel, ausdrücklich danken, dass sie im Hauptausschuss diesen Versuchen
entgegengetreten sind und das von uns vorgeschlagene Leasing als Möglichkeit bestätigt
haben.
Was haben wir in diesem Rat nicht schon einstimmig - an Beschlüssen im Rahmen
unserer Vermögensverwaltung gefällt: Undurchsichtige Holdingkonstruktionen, bei denen
wir uns mangels eigener Sachkunde auf die Ratschläge von Experten verlassen mussten.
Selbst wenn dies manch einer bei sich gedacht haben mag: Nie wäre uns in den Sinn
gekommen, die Vorlagen des Bürgermeisters oder des Rechtsdezernenten als anrüchig oder
unseriös zu bezeichnen!
Wer bei den genannten wirklich dicken Batzen nicht zu Einnahmeverbesserungen
bzw. noch stärkerer Ausgabendisziplin bereit ist, bei dem ist es letztlich auch nicht
verwunderlich, dass er trotz vorhandenen 18-Millionen-Defizits so tut,
als könne er sich den vollständigen Erhalt seiner Kronjuwelen leisten. Wir haben
vorgeschlagen, das verbleibende Defizit, dass auch bei Berücksichtigung unserer
umfangreichen Verbesserungsvorschläge geblieben wäre, durch die Einstellung von
Verkaufserlösen zu decken. Die Argumentation der Verwaltung, dass ein Verkauf von Teilen
städtischer RWE-Aktien zur Zeit einen zu geringen Preis erzielen würde,
kann nicht überzeugen. Niemand in diesem Hause vermag vorherzusagen, wie sich die Preise
dieser Papiere bis zum Ende des kommenden Jahres entwickeln werden. Relevant ist nicht der
derzeitige Preis, sondern der, den die Verwaltung zum bestmöglichen Zeitpunkt im
kommenden Haushaltsjahr erzielen kann.
Meine Damen und Herren,
leider hat die Verwaltung einen Weg vorgegeben, der auch durch die Beratungen im
Hauptausschuss nicht ausreichend korrigiert wurde. Die letztlich unvermeidlichen
Einschnitte will man nicht selbst tätigen, sondern seine Entscheidungshoheit bei der
kommunalen Finanzaufsicht abgeben. Dies ist genau das Gegenteil kommunaler
Selbstverwaltung: Es ist feige und unpolitisch.
Darüber kann auch nicht die Erkenntnis hinweg täuschen, dass bei einer Realisierung des
bunten Sammelsuriums von Mehrausgaben, das die SPD in diesem Jahr wieder einmal zur
Befriedigung peripherer Klientelsinteressen vorgeschlagen hat, die Situation noch viel
schlechter wäre. Von den Spaßanträgen der DKP ganz zu schweigen.
Nach dem von mir Ausgeführten dürfte klar sein: Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen
ist im Gegensatz zu anderen in diesem Hause bereit, Verantwortung zu übernehmen.
Paradoxerweise bedeutet dies, dass wir den zur Abstimmung stehenden, ungedeckten
Etatentwurf ablehnen müssen.
Wir würden es begrüßen, wenn heute keine Mehrheit für diesen falschen Weg zustande
käme. Wir sind wie in den Vorjahren auch, bereit einem seriösen Etat zuzustimmen und
stehen für Gespräche zur Verfügung. Allerdings brauchen wir dann einen Entwurf der
nicht, um mit Herrn Schwerhoff zu sprechen anrüchig und unseriös ist.
Vielen Dank!
Mario Herrmann
Fraktionsvorsitzender
Ratsfraktion Bündnis 90 / DIE GRÜNEN

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mit uns und anderen über den Haushalt und die finanziellen Herausforderungen unserer
Stadt in unserem Forum! Meinung eingeben

Die Haushaltseckdaten:
Verwaltungshaushalt
(Einnahmen):
Verwaltungsentwurf, Stand September
2002

Hinweis:
gegenüber dem ersten Entwurf haben sich die Fehleinnahmen von
ursprünglich 14,2 Mio. Euro (wie hier dargestellt) auf über knapp 18 Mio. Euro erhöht!
Anmerkungen zu der
Haushaltsentwicklung:
- bisher niedrigster Einnahmestand
- bisher höchster Fehlbetrag

Verwaltungshaushalt (Einnahmen / Ausgaben):
Verwaltungsentwurf,
Stand September 2002


Verwaltungshaushalt (Einnahmen):
Verwaltungsentwurf,
Stand September 2002

Verwaltungshaushalt
(Ausgaben):


Vermögenshaushalt (Einnahmen / Ausgaben):
Verwaltungsentwurf,
Stand September 2002


Presseinformationen zum Haushalt 2002:
GRÜNE stehen für
verantwortungsvolle Haushaltspolitik
Millioneneinnahmen durch US-Leasing nicht einfach aufgeben! |
12. Dezember 2002 |
 |
Eine verzerrte
Wahrnehmung werfen die Grünen Bürgermeister Eckhard Schwerhoff (CDU) vor. Dieser
bezeichnete den grünen Sparvorschlag, mit Hilfe von sogenannten US-Cross-Boarder-Leasing-
Verträgen über 2 Millionen Euro in die leeren Stadtkassen zu spülen, als
anrüchig und unseriös...
Volltext |
Galerie und Rathaustürme
bei Haushaltsberatung nicht trennen
Ideenwettbewerb stößt sauer auf |
13. November 2002 |
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"Wir halten
Investitionsentscheidungen für den Galerieanbau zum jetzigen Zeitpunkt nicht für
sinnvoll", fasst Grünensprecher Bernd Lehmann einen wichtigen Punkt der
Haushaltsberatung zusammen... Volltext
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GRÜNE beraten Haushalt
"Kein Spielraum für neue Investitionen" |
12. November 2002 |
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"Wir werden dazu
beitragen, einen genehmigungsreifen Haushalt aufzustellen, formuliert
Grünensprecher Bernd Lehmann das Ergebnis der Haushaltsberatung von Bündnis 90/DIE
GRÜNEN... Volltext |

Weitere Infos:
Verwaltungsvorlage für die Ratssitzung am 12.12.2002
Verwaltungsvorlage für die Sitzung des
Haupt- und Finanzausschusses am 05.12.2002
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