17. Januar 2007 |
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Schreiben an Herrn Martin Schmidt, Geschäftsführung Vestische
Straßenbahnen GmbH
Fragen zur
Fahrplanumstellung in Gladbeck |
Sehr geehrter Herr
Schmidt,
am Montag, dem 15. Januar, wurde der Fahrplan in der Stadt Gladbeck in Folge der Änderung
der ÖPNV-Umlageregelung und im Vorgriff auf den Nahverkehrsplan umgestellt. Wie Ihnen
bekannt ist, führte die Umstellung zu erheblichen Protesten durch die Fahrgäste. Die
Kreisverwaltung Recklinghausen und die mit der Nahverkehrsplanung beauftragten Gutachter
verbinden die Taktreduzierung mit erheblichen Einsparungen. Hierzu habe ich einige Fragen,
für deren Beantwortung ich dankbar wäre.
1) Einsparpotenzial:
Die Gutachter rechneten durch Umsetzung ihres Konzeptes in Gladbeck mit Einsparung von
insgesamt 913.000 Euro/Jahr (bei eingesparten 368.600 Buskilometern). Im Idealfall - so
die Gutachter - können damit 7 Busse eingespart werden. Die Kreisverwaltung bezifferte
die unmittelbaren Einsparungen für die Stadt Gladbeck mit ca. 340.000 Euro/Jahr.
Werden sich diese Einsparungen nach Ihrer Einschätzung erzielen lassen - auch unter
Berücksichtigung der notwendigen Einsatz- und Verstärkerfahrten?
2) Einsatz- und Verstärkerfahrten:
Die Gutachter schlagen Einsatz- und Verstärkerfahrten in den Stoßzeiten vor. Hierzu
heißt es auf S. 36 des Anhangs Gladbeck: "Zu Schulanfangs- und -endzeiten bei
Kapazitätsüberlastung Verdichtung des Angebotes durch die Einbeziehung vorhandener
E-Wagen und den Einsatz von zusätzlichen Verstärkerfahrten (2 bis 4 Fahrtenpaare) je
nach Schulzeiten und Schülerverkehrsbeziehungen." Hierfür würden drei bis vier
Einsatzwagen benötigt.
Der Stadtplanungsausschuss hat diese Forderung unterstützt und während der Beratungen
seine Erwartung ausgedrückt, dass Verstärkerfahrten auch im Fahrplan dargestellt
werden. Der Forderung ist die Kreisverwaltung bzw. die Vestische nicht gefolgt.
Gibt es hierfür Gründe bzw. wann und wie viele Verstärkerfahrten werden in den
Fahrplan übernommen (Fahrtenpaare)?
3) Alternativkonzept des Fahrgastverbandes Pro Bahn Ruhr
Der Fahrgastverband Pro Bahn Ruhr hat den Entwurf des Nahverkehrsplans als "mittlere
Katastrophe" bezeichnet und in seiner Stellungnahme im Rahmen des
Beteiligungsverfahrens ein Alternativkonzept für die Stadt Gladbeck vorgelegt. Das
Konzept füge ich meinem Schreiben als Anlage bei. Der Vorschlag des Fahrgastverbandes
sieht Linienverlaufsänderungen vor, die die Beibehaltung des fahrgastfreundlichen
20-Minuten-Taktes ermöglichen und trotzdem zu erheblichen Reduzierung von
Buskilometerleistungen führen (492.100 Buskilometer/Jahr gegenüber den 368.600
Buskilometern/Jahr des NVP-Entwurfes).
Ist dieses Konzept aus Sicht der Vestischen umsetzbar und erscheinen die Annahmen des
Fahrgastverbandes realistisch?
4) Schulanfangs- und Endzeiten
Die Stadt Gladbeck war eine der ersten Kreiskommunen, die Ihre Schulanfangs-und Endzeiten
auf den Fahrplan abstimmte und damit zu einer effizienteren Leistungserbringung beitrug.
Nach der aktuellen Fahrplanumstellung liegen zahlreiche Beschwerden von Eltern vor, dass
die Kinder unverhältnismäßig zu früh bzw. zu spät an den Schulen eintreffen.
In der Vorlage der Stadtverwaltung für die Junisitzung des Stadtplanungsausschusses hieß
es hierzu: "Um auch nach dem erforderlichen Fahrplanwechsel eine unproblematische
Abwicklung des Schülerverkehrs mit den Bussen des innerstädtischen Linienverkehrs
sicherzustellen, ist eine Abstimmung mit den betroffenen Schulen erforderlich."
Ist diese Abstimmung erfolgt? Wie kam es zu den - aus Kunden- und Elternsicht -
mangelhaften Fahrplanangeboten? Wie wird die Vestische hierauf reagieren?
5) Umstiegskomfort am Bahnhof West / Abstimmung auf den Einzelhandel
Deutliche Kritik gibt es auch bezüglich der Umstiegsmöglichkeiten in die Züge bzw. von
den Zügen in die Busse am Bahnhof West. Auch hier suggerierten die Beratungen in dem
Fachausschuss sowie die Aussagen der Gutachter, dass die Fahrplanumstellungen zu
Verbesserungen führen würde.
Wie wird die Vestische auf die Kritik reagieren?
Gleiches gilt für die Abstimmung auf die Arbeits- und Öffnungszeiten des Einzelhandels.
Leider erscheint die Beteiligung der Gewerkschaften bzw. der Wirtschaft im Rahmen der
Nahverkehrsplanung als Farce, da die wesentlichen Konzeptbausteine längst beschlossen
und umgesetzt wurden.
6) Aufstellung des Nahverkehrsplans
Insgesamt wird der von den Gutachtern im Auftrag des Kreises erarbeitete Entwurf des
Nahverkehrsplanes sowohl von politischen Mandatsträgern, wie auch durch die
Stadtverwaltungen als auch vom Fahrgastverband deutlich kritisiert.
Vor diesem Hintergrund möchte ich abschließend fragen, ob die Vestische grundsätzlich
in der Lage wäre, die abgefragten Leistungen der Nahverkehrsplanung mit dem eigenen
Personal selbstständig zu erarbeiten? Sähe die Vestische (auch aus
wettbewerbsrechtlicher Sicht) eine Möglichkeit, die Fortschreibung ab 2011 zu
übernehmen bzw. halten Sie dies für sinnvoll?
Kopien dieses Schreibens sende ich der Stadtverwaltung Gladbeck zur Kenntnis. Für Ihre
freundliche Beantwortung meiner Fragen bedanke ich mich bereits jetzt recht herzlich und
verbleibe
mit freundlichem Gruß

Links zu diesem Thema:
Antwort der Vestischen vom 07.02.2007
(220 KB, pdf)
Alternative Konzeptidee des
Fahrgastverbands Pro Bahn Ruhr (462 KB, pdf)
Mitteilung vom 07.01.2007:
"Nach Verstärkerfahrten sucht man im Fahrplan..."
Beschluss zur Taktanpassung vom 22.06.2006
(pdf, 25 KB)
Stellungnahme der Stadt Gladbeck zum
Nahverkehrsplan, Nov. 2006 (pdf, 39 KB)
Entwurf des Nahverkehrsplan - Anlage Gladbeck
(pdf, 5,6 MB)
Faltblatt "Keine Kürzungen bei Bus und
Bahn" (pdf)
Beschluss zur ÖPNV-Umlage vom 9.03.2006
(pdf, 37 KB)
Mitteilung vom 26.06.2006: "Stadt
beugt sich den Kürzungsvorgaben des Kreises"
Mitteilung vom 11.04.2006:
"Busliniennetz: Streichen oder zahlen"



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