26. Juni 2006 |
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Stadt beugt sich den Kürzungsvorgaben des Kreises
Ausschuss missbilligt
die Vorgehensweise des Kreises bei der Busliniennetzplanung |
Wir haben
uns dem Kreis ergeben, so Grünen-Sprecher Bernd Lehmann. Was blieb uns
anderes übrig? Dieser hatte der Stadt die Pistole auf die Brust gesetzt und
Kürzungen beim Busliniennetz gefordert. Der Stadtplanungsausschuss folgte nun der
Forderung, übte jedoch deutliche Kritik.
Die
Vorgehensweise der Kreisverwaltung war kein Paradestück des Miteinanders zwischen Kreis
und Städten, beklagen die Grünen. In einer Hau-Ruck-Aktionen hat der Kreis tiefe
Einschnitte in das Nahverkehrsangebot der Städte vorgenommen, ohne eine ausreichende
Beteiligung der kommunalen Parlamente zu ermöglichen. Allein in Gladbeck sollen 14
Prozent des Angebotes gestrichen werden. Das sind knapp 370.000 Buskilometer pro Jahr
weniger, also eine Distanz, die knapp so weit ist wie der Weges von der Erde bis zum Mond.
Sieben Busse bleiben hier zukünftig in den Hallen der Verkehrsbetriebe stehen. Zur
Umsetzung der Kürzungen stellte die Kreisverwaltung der Stadt ein Ultimatum: sollte sie
bis Juni den Kürzungsvorgaben nicht zustimmen, solle sie für die Kosten in Höhe von
etwa 170.000 Euro zukünftig komplett selbst aufkommen.
Der Entwurf des Nahverkehrsplans, der erst nach der Sommerpause in den Kreisgremien
beraten werden soll, gibt für die Entwicklung des Buslinienangebots noch ein anderes Ziel
vor. Hier heißt es, es sollen bewährte Strukturen gestärkt und behutsam weiter
entwickelt werden. Das heutige ÖPNV-Angebot solle in seiner Grundstruktur erhalten
und langfristig gesichert werden. Dadurch solle verhin-dert werden, dass
Kunden durch ein Übermaß an Veränderungen verunsichert werden.
Die Realität steht zu dieser schönen Lyrik aber im krassen Widerspruch. Die Gladbecker
Buskunden können sich auf seltenere Busabfahrten und längere Umstiegszeiten einstellen.
Auf den Linien 252, 253, 254 und 257 wird auf Geheiß des Kreises der 20-Minuten-Takt auf
einen 30-Minuten-Takt gekürzt. Dadurch, dass regionale Buslinien nach Gelsenkirchen,
Bottrop oder Essen weiterhin im 20-Minuten-Takt verkehren, kommt es zu sogenannten
Taktbrüchen. Hierauf wird auch von den Gutachtern im Nahverkehrsplan hingewiesen. Hier
heißt es: Einen weiteren Gegensatz bildet die Verknüpfung von unterschiedlichen
Taktmustern (z.B. 20- und 30-Minuten-Takt). Eine Linie im 20-Minuten-Takt kann z.B. nur
einmal pro Stunde optimal mit einer Linie im 30-Minuten-Takt verknüpft werden. Wer
also am Goetheplatz, Oberhof oder Willy-Brandt-Platz umsteigen will, findet zukünftig
seltener einen schnellen Anschluss. Wartezeiten von bis zu einer Viertel Stunde werden
häufiger und verlängern die Gesamtreisezeit. Das oben zitierte Ziel, Fahrgäste nicht
durch ein Übermaß an Veränderungen zu verunsichern, wird verfehlt. Es wird erwartet,
dass 5,4 Prozent der Gladbecker Fahrgäste Bus und Bahn den Rücken kehren und auf andere
Verkehrsmittel umsteigen. Pro Werktag werden 900 Fahrgäste weniger in Gladbecks Bussen
sitzen.
Der Stadtplanungsausschuss war daher wenig begeistert von den Kürzungsplänen des
Kreises. Sicherlich kann man über Optimierungen reden. Auch wir sind an
Kosteneinsparungen interessiert, so Lehmann. Aber ob es dienlich war, diese
Einschnitte derart übers Knie zu brechen, möchte ich arg hinterfragen. Die Grünen
bezweifeln, dass sich die vom Kreis aufgezeigten Einsparungen in Höhe von gut 400.000
Euro im Jahr in voller Höhe realisieren lassen. Schließlich könne sich die Vestische
zum 1.1.2007 nicht von den sieben eingesparten Bussen und dem jeweiligen Personal trennen.
Die Fixkosten blieben vielfach erhalten.
Völlig unbeantwortet blieb die Frage, wie man der Nachfrage in den Spitzenzeiten - also
morgens und nachmittags - nachkommen wolle. Auch CDU und SPD kritisierten, dass bereits
heute die Busse in den Morgenstunden aus allen Nähten platzen. Der Ausschuss war sich
einig, dass das Fahrtenangebot flexibler auf die Nachfrage ausgerichtet werden müsse. In
seinem Beschluss schränkte er die Kürzungsvorschläge insofern ein, dass in den
Spitzenzeiten zusätzliche Verstärkerfahrten in einem dichteren Takt
angeboten werden müssen. Diese Fahrten müssen in den Fahrplänen aufgeführt werden.
Damit haben wir die Härte der Einschnitte zumindest etwas abgefedert, zeigt
sich Lehmann zufrieden mit der einstimmig beschlossenen Ergänzung.
Schlussendlich machte der Ausschuss auch seinem Ärger über das Vorgehen des Kreises
Luft. Einstimmig formulierte man die Missbilligung hierüber in einem Beschluss und
kritisierte, dass wesentliche Bestandteile des Nahverkehrsplanes, der bisher nur als
Entwurf vorliegt, mit den jetzt umgesetzten Kürzungen vorweg genommen werden, ohne den
kommunalen Parlamenten die Möglichkeit einzuräumen, ihre Belange in die Planung
einzubringen. Mit dieser Bulldozer-Planung trägt die Kreisverwaltung weiter zu
Entsolidarisierung unter den Kreisstädten bei, bedauern die Grünen.

Links zu diesem Thema:
Entwurf des Nahverkehrsplan - Anlage
Gladbeck (pdf, 5,6 MB)
Faltblatt "Keine Kürzungen bei
Bus und Bahn" (pdf)
Beschluss zur Taktanpassung vom 22.06.2006
(pdf, 25 KB)
Stellungnahme der Stadt Gladbeck zum
Nahverkehrsplan, Nov. 2006 (pdf, 39 KB)
Beschluss zur ÖPNV-Umlage vom 9.03.2006
(pdf, 37 KB)
Mitteilung
vom 11.04.2006: "Busliniennetz: Streichen oder zahlen"



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