10. Juni 2007 |
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Ausschreibung des Stromliefervertrages |
Anfrage nach § 13 GeschO
Sehr geehrter Herr Roland,
der Umweltausschuss befasste sich in
seiner Sitzung vom 14. Mai mit dem Thema Klimafreundliche Ausschreibung von
Stromlieferverträgen. Wie in der Niederschrift festgehalten, machte der
Umweltdezernent, Herr Dr. Andriske, das Angebot, das Thema für die nächste Sitzung des
Umweltausschusses aufzubereiten und dann ausführlich zu berichten. Im Glauben, dass mit
der europaweiten Ausschreibung des Stromliefervertrages, welche in der Vergangenheit
immerhin mit einer erheblichen Haushaltssumme von rd. 700.000 Euro verbunden war, gewartet
wird, bis der Politik die Gelegenheit gegeben wurde, über die Form und den Inhalt der
Ausschreibung zu beraten, hatte ich für meine Fraktion das Angebot der Verwaltung
angenommen und auf eine Beschlussfassung verzichtet.
Bereits mit Schreiben vom 22. Mai ergänzte Herr Dr. Andriske zum Thema
Stromliefervertrag, dass für eine zeitgerechte Vergabe die Ausschreibung im EU Amtsblatt
im Juni erscheinen muss. Hierzu bitte ich Sie um Beantwortung folgender Fragen:
1. Frage: Wann wurde die Ausschreibung des Stromliefervertrages
vorbereitet?
2. Mit Schreiben vom 6. Juli 2006 antworten Sie auf eine Anfrage meiner Fraktion zum
gleichen Thema, dass ein Erfahrungsaustausch mit anderen Kreisstädten [..]
verdeutlicht [hat], dass sich eine gemeinsame Ausschreibung mit anderen Kommunen nicht
rentiert. Die zu erzielenden Strompreise wären bei gemeinsamer Ausschreibung durch einen
erhöhten Arbeitsaufwand des Stromanbieters (z.B. bei der Ablesung des Zählerstandes)
höher als bei der Einzelausschreibung.
Wie der regionalen Presse zu entnehmen ist, haben die Stadt Recklinghausen und der Kreis
Recklinghausen sich entschlossen, Ihren Stromlieferbedarf gemeinsam auszuschreiben. In der
Berichterstattung heißt es, dass man durch die Volumenerhöhung von deutlichen
Preisabschlägen ausginge. Anders als in Gladbeck beteiligten sich an der Ausschreibung
nicht nur ein Anbieter, sondern mehrere. Bisheriger Stromlieferant war ein Unternehmen aus
Herzogenrath (Kreis Aachen).
Frage: Mit welchen Städten hatte damals der oben zitierte
Erfahrungsaustausch stattgefunden? Warum rechnen die Stadt Recklinghausen und
der Kreis Recklinghausen durch die gemeinsame Ausschreibung mit Preisabschlägen, während
Sie (u.a. durch den erhöhten Aufwand bei Ablesung des Zählerstandes) mit
Mehrkosten rechnen?
3. Laut Presseberichterstattung müssen über die letztendliche Vergabe des
Stromliefervertrages in der Stadt Recklinghausen und im Kreis Recklinghausen die
entsprechenden politischen Gremien entscheiden. Gemäß der Hauptsatzung der Stadt
Gladbeck entscheidet die Politik über Vergaben ab 50.000,- Euro. In einem Gespräch mit
Herrn Dr. Andriske vertrat dieser jedoch die Auffassung, dass die Vergabe des
Stromliefervertrages ein laufendes Geschäft der Verwaltung und eine Beteiligung der
Ausschüsse nicht notwendig sei.
Frage: Mit welcher Begründung wurden und werden die Ausschüsse bei der
Vergabe von Stromlieferverträgen nicht beteiligt?
4. Herr Dr. Andriske teilt mit Schreiben vom 22.05.2007 mit, dass die aktuelle
Ausschreibung auch die Alternativen 25% und 50% Anteil Elektrizität aus
regenerativen Energien beinhaltet.
Im Zusammenhang mit der damaligen Ausschreibung des Verwaltungsneubaus und des Wunsches
unserer Fraktion, optional auch ein Passivhausmodell auszuschreiben, teilte uns die
Verwaltung mit, dass die Rechtsanwaltssozietät Bird & Bird eine
Variantenausschreibung für unzulässig hielt.
Frage: Welche Entscheidungskriterien werden der alternativen
Ausschreibung von Strom aus regenerativen Energien für die spätere Vergabe zu Grunde
gelegt? Ist eine Vergabe zum Beispiel auch dann möglich, wenn der Strom aus regenerativen
Energien etwas teurer ist, als der übliche Strom aus fossiler Energie zzgl. des
Pflichtanteils gemäß EEG?
5. Auf die Ausschreibung von 100% Strom aus regenerativen Energien verzichten Sie
gänzlich, weil Sie mit Mehrkosten von 60.000 Euro im Jahr rechnen.
Frage: Wie kommt die Verwaltung bereits vor der europaweiten
Ausschreibung zu der Ermittlung der vermeintlichen Mehrkosten? Fand eine Marktabfrage
statt? Welche Stromanbieter wurden abgefragt und welche Vergabebedingungen wurden
unterstellt?
6. Der ggf. parlamentarisch beschlossene Bezug von 100% Ökostrom (mein Beschlussantrag
für die Umweltausschusssitzung vom 14. Mai wurde aufgrund der von der Verwaltung
angebotenen Vertagung ja zurückgezogen) wird von dem Umweltdezernenten mit Verweis auf
das Nothaushaltsrecht als nicht darstellbar verworfen. In vielen anderen
Bereichen entscheiden sich der Rat und die Verwaltung wissentlich und berechtigt für
Qualitätsstandards die gegenüber von Normalstandards teurer sind (z.B. vierreihige Allee
Horster Straße, bestimmte architektonische Kriterien bei Hochbauten, Limousinen als
Dienstwagen etc.).
Frage: Wie begründet die Verwaltung Ihre Einschätzung, dass der Bezug
von klimafreundlichem Strom durch eine Stadt, die dem Klimabündnis angehört und
entsprechende Appelle unterzeichnet hat, als freiwillige Aufgabe zu werten ist, die
nicht darstellbar sei?
7. In der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 07.12.2006 bat die Verwaltung
aufgrund gestiegener Energiekosten um die Erteilung einer Zustimmung zur Leistung einer
außer-/überplanmäßigen Ausgabe.
Nach Angaben der Verwaltung hatten sich u. a. die Kosten für den ELE-Strom um 15,6%
erhöht. Und dies, obwohl das Hochbauamt bereits eine Preiserhöhung von 5% gegenüber dem
Ansatz 2004 eingeplant hatte.
Frage: Unter welchen Bedingungen und in welchem Rahmen kann der
Stromanbieter von den dem Vergabeangebot zugrundliegenden Preisen des Stromliefervertrages
abweichen? Welche Mengen Strom (kWh) wurden im Abrechnungszeitraum zu welchem Preis (in
Euro) bezogen? Soweit hieraus nicht der Preis je kWh errechnet werden kann, möchte ich
Sie bitten auch diesen Wert anzugeben.
In welcher Höhe weichen die Strommenge und der Strompreis gegenüber der Ausschreibung
(Sonderverträge ca. 3300 MWh, Allgemeinstrom ca. 1500 MWh, Heizstrom ca. 300 MWh) und dem
Angebot durch die ELE GmbH (688.320,96 Euro) ab?
Soweit es sich trotz der öffentlichen Ausschreibung und Vergabe dennoch um
nichtöffentliche Geschäftsdaten handelt, bitte ich Sie, mir diese Auskünfte in einem
gesonderten, nichtöffentlichen Schreiben mitzuteilen.
Für Ihre Auskünfte bedanke ich mich bereits jetzt recht herzlich. Ich möchte Sie
darüber hinaus bitten, mir die Ausschreibungsunterlagen für die Strombelieferung (gerne
auch digital) zur Verfügung zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Lehmann
Ratsherr

Links zu diesem Thema:
Antwort der Verwaltung vom 12.07.2006 (pdf,
375 KB)
Mitteilung vom 11.06.2007:
"Grüne haken bei Stromverträgen nach"
Schreiben von Dezernent Herrn Dr. Andriske
zum Thema Ökostrom (pdf, 52 KB)
Broschüre "Beschaffung
von Ökostrom", Bundesumweltministerium
Ausschreibung des Stromliefervertrages 2007
im EU-Amtsblatt (pdf, 66 KB)
Antrag
vom 21.03.2007: "Klimafreundliche Ausschreibung des Stromliefervertrages"
Anfrage
zum Stromliefervertrag der Stadtverwaltung vom 17.05.2006
Antwort der Verwaltung vom 06.07.2006 (pdf,
84 KB)

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