18. Januar 2004 |
zurück
|
Antrag für den Haupt- und Finanzausschuss:
Optimierung der
kommunalen Immobilienbewirtschaftung |
Antrag nach § 7 GO
Sehr geehrter Herr Schwerhoff,
namens meiner Fraktion beantrage ich, das Thema "Optimierung der kommunalen
Immobilienbewirtschaftung" auf die Tagesordnung des Haupt- und Finanzausschusses zu
setzen.
Begründung:
Von der angespannten Haushaltslage bleibt auch und insbesondere die kommunale
Immobilienbewirtschaftung nicht unberührt. Einsparzwänge führen dazu, dass
erforderliche Instandhaltungs- und Werterhaltungsmaßnahmen an öffentlichen Gebäuden
nicht mehr zeitnah und regelmäßig durchgeführt werden. Anstelle einer ökonomischen,
vorausschauenden Gebäudebewirtschaftung ist immer häufiger nur ein
"Nachsorgeverhalten" festzustellen, wobei es erst dann zu Instandsetzungen
kommt, wenn bereits Schäden eintreten. Beispiele wie der Fall des Kindergartens
"Voßstraße" oder der Sporthalle am Nordpark zeigen den finanziellen Schaden
auf, der durch unterlassene Gebäudebewirtschaftung entstehen kann und zu kurzfristigen,
unplanmäßigen Belastungen des Haushalts führt. Den kritischen Zustand unserer
kommunalen Immobilien lassen diese Beispiele nur erahnen. Nicht ohne Grund spricht man
daher auch von einer verdeckten Verschuldung, die die Kommunen in Form eines riesigen,
progressiv ansteigenden Instandhaltungs- und Sanierungsstaus vor sich her schieben.
Hinzu kommt, dass die Bewirtschaftung der kommunalen Immobilien und Liegenschaften in
Gladbeck nach wie vor nicht zentral organisiert ist. Vielmehr kann eine Zersplitterung der
Zuständigkeiten festgestellt werden: Organisations- und Überwachungskompetenzen sind auf
die unterschiedlichen Fachämter verteilt, so dass beispielsweise das Schulamt die
Schulgebäude und das Kulturamt die Bibliothek und die Stadthalle betreut. Das Hochbauamt
übernimmt die technische Gebäudeunterhaltung, dem Hauptamt werden die Hausmeister- und
Reinigungsdienste sowie neuerdings gar der Verwaltungsneubau zugedacht und die Kämmerei
wirkt bei der Etatermittlung für die kommunalen Immobilien mit. Kritiker sprechen zu
Recht von einem "System der organisierten Unverantwortlichkeit". Die dezentrale
Organisation ist wirtschaftlich ineffizient und kann u.a. Umsetzungsprobleme bei der
Bauunterhaltung, lange Wartezeiten bei der Bearbeitung von Vorgängen und
Doppelbearbeitung von Aufgaben durch unterschiedliche Ämter zur Folge haben.
Neben diesen organisatorischen Problemen ist das bisherige Immobilienmanagement durch
fehlende Transparenz gekennzeichnet, was eine vorausschauende und effiziente
Bewirtschaftung der Gebäude weiter erschwert. Der Zustand der kommunalen Immobilien ist
nur unzureichend erfasst. Aussagefähige betriebswirtschaftliche Kennzahlen fehlen,
wodurch ein Überblick über alle anfallenden Kosten nur mühsam möglich ist. Ein
kostenorientiertes Nutzerverhalten der Mitarbeiter (beispielsweise des Energieverbrauchs)
lässt sich infolge der fehlenden Kostentransparenz nur schwer herbeiführen.
Um diese Missstände insbesondere im Hinblick auf die Haushaltslage auszuräumen, schlagen
Bündnis 90 / DIE GRÜNEN die Optimierung der kommunalen Immobilienwirtschaft und deren
Zentralisierung in einer eigenständigen Organisationseinheit vor. Durch
Kompetenzbündelung und Konzentration der Kräfte beispielsweise in einem "Amt für
Gebäudemanagement" oder in einem "Immobilienservicebetrieb" lassen sich
nachhaltige Synergieeffekte und dadurch deutliche Einsparungen erzielen. Untersuchungen
des Deutschen Städte- und Gemeindebunds gehen davon aus, dass durch eine verbesserte
Organisation der kommunalen Immobilienbewirtschaftung etwa 10 bis 20 % der Kosten
eingespart werden können. Dies kann ein effektives Einsparpotenzial von bis zu 5 % des
Verwaltungshaushaltes bedeuten, also gemessen am Haushaltsplanentwurf 2004 bis zu 780.000
Euro. Bei Ausgliederung der Immobilienwirtschaft kann der kommunale Haushalt darüber
hinaus von den durch die öffentlichen Gebäude verursachten Kredite entlastet werden.
In unterschiedlichen Städten in Nordrhein-Westfalen wurden bereits seit Ende der 90er
Jahre Modellprojekte zur Neuorganisation der kommunalen Immobilienbewirtschaftung
durchgeführt. Die positiven Ergebnisse der Modellversuche führten schließlich zu
einer Änderung der Gemeindeordnung im Mai letzten Jahres. Danach ist es nun allen
Kommunen möglich, zentrale Einheiten zur Bewirtschaftung ihrer Immobilien bei
Übertragung des Vermögens und der anteilig zuzuordnenden Kredite in Form
eigenbetriebsähnlicher Einrichtungen zu gründen (Gesetz zur finanziellen Entlastung
der Kommunen in NRW, EntlKommG).
Eine der Modelstädte war beispielsweise die Stadt Bielefeld, in der 1998 der
Immobilienservicebetrieb ISB gegründet wurde. Der ISB sollte alle städtischen
Liegenschaften besitzen, betreiben und bewirtschaften. Nach dem Mieter-Vermieter-Modell
stellt der ISB sowohl den internen als auch den externen Mietern Gebäude, Grundstücke
und Dienstleistungen gegen Entgelt zur Verfügung. Die Rechtsform der
eigenbetrieblichsähnlichen Einrichtung, welche man in Bielefeld wählte, ermöglichte die
kaufmännische Buchführung sowie eine weitgehende organisatorische Selbständigkeit.
Gesteuert wird der Bielefelder Betrieb durch zwei Werksleiter sowie einen Werksausschuss,
in dem sowohl Kommunalpolitiker/-innen als auch Beschäftigte (Drittelparität) sitzen.
Der ISB verfügt über einen Wirtschaftsplan, ist aber rechtlich unselbständig
(Sondervermögen der Stadt).
Bei Gründung des ISB wurden diesem Vermögenswerte im Umfang von mehr als 950 Mio. Euro
übertragen; dem gegenüber standen aus dem kameralen Haushalt zu übernehmende Kredite
in nahezu gleicher Höhe. In den 5 Jahren seines Bestehens konnte der ISB eine
bemerkenswerte Entwicklung vollziehen: zwischen 1999 und 2002 wurde die Ertragslage um 24
% verbessert. Der Jahresfehlbetrag konnte von 10 Mio. Euro im Jahr 1999 auf 0,6 Mio. Euro
im Jahr 1999 verringert werden. Diese positive Entwicklung war möglich, obwohl immer noch
keine kostendeckenden Mieten aus dem kameralen Haushalt gezahlt werden konnten und der ISB
im Rahmen des Haushaltssicherungskonzeptes im Jahr 2002 einen Konsolidierungsbeitrag von
2,5 Mio. Euro zu leisten hatte.
Dieses Beispiel stimmt auch für Gladbeck hoffnungsvoll, mittelfristig effiziente und
nachhaltige Strukturen zur Bewirtschaftung der öffentlichen Immobilien aufzubauen. Allein
der Aufbau eines Gebäudeinformationssystems scheint für Gladbeck dringend geboten, um
einen Überblick über die zu verwaltenden Flächen und Gebäude sowie über deren
Beschaffenheit und Zustand zu erhalten.
Beschlussentwurf:
Die Verwaltung wird beauftragt, Konzepte zur Optimierung der kommunalen
Immobilienbewirtschaftung zu erarbeiten. Hierbei ist auch die Möglichkeit einer kurz- bis
mittelfristigen Ausgliederung der Immobilienbewirtschaftung beispielsweise als
"Immobilienservicebetrieb" zu betrachten sowie Vor- und Nachteile zur Gründung
eines kommunalen Immobilienfonds zu untersuchen. Als weitere Alternative ist eine
Bewirtschaftung durch die GWG in Betracht zu ziehen. Die Konzepte sind dem Ausschuss
darzustellen.
Mit freundlichen Grüßen
Theodor Schulte

Pressemitteilung: "Grüne fordern
Optimierung der Immobilienbewirtschaftung"
Protokollauszug der Ausschussberatung vom
29.03.2004 (pdf)
Dokumentation
des DStGB: "Kommunales Immobilienmanagement" (pdf, 216 KB)


|