03. Juni 2007 |
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Schreiben an Herrn Regierungspräsidenten Dr. Peter Paziorek
Stellungnahme zum
Planentwurf / Auslegungsexemplar Luftreinhalteplan Ruhrgebiet - Teilplan Ruhrgebiet
Nord |
Sehr geehrter Herr Dr.
Paziorek,
für den Stadtverband von Bündnis 90 / DIE GRÜNEN in Gladbeck nehme ich wie folgt
fristgemäß Stellung zum Luftreinhalteplan Ruhrgebiet - Teilplan Ruhrgebiet
Nord:
1) Regionale Umweltzone:
Die Abkehr von der ursprünglich anvisierten regionalen Umweltzone halten wir für einen
Fehler. Vereinte Kraft ist zur Herbeiführung des Erfolges wirksamer als
zersplitterte oder geteilte, zitieren Sie richtig Thomas von Aquin auf Ihren
Internetseiten. Dies gilt auch für den Luftreinhalteplan. Die Machbarkeitsstudie
Regionaler Luftreinhalteplan, den das difu im Auftrag des RVR und mit
Unterstützung des MUNLV und des MBV im Januar 2007 vorgelegt hat, kam bereits zu dem
Ergebnis, dass im Vergleich zu vielen kleinräumigen Umweltzonen - wie sie
bisher im Rahmen der Aufstellung von Luftreinhalte- und Aktionsplänen diskutiert werden -
[..] eine regionale Umweltzone nach intensiver Prüfung als das geeignetere und
effektivere Modell für die Städte des Ruhrgebiets angesehen wird (S. 71). An
der Machbarkeitsstudie hat Ihre Behörde als Projektbeteiligte mitgewirkt (S. 9 ff.).
Der vorliegende Planentwurf mit seinen kleinteiligen Umweltzonen steht im Widerspruch zu
den Ergebnissen der Machbarkeitsstudie.
Wir fordern daher die Ausweisung einer großräumigen Umweltzone entsprechend den
Empfehlungen der o.g. Machbarkeitsstudie, die auch das Gebiet der Stadt Gladbeck umfasst.
2) Bundesstraße 224:
Die Bundesstraße B 224 wurde im Rahmen des Luftreinhalteplanes mit ihren Emissionen und
Immissionen im Umfeld bei der Berechnung der Belastungssituation zwar berücksichtigt,
Konsequenzen für die Verkehrsführung auf der B 224 sind aber im Planentwurf weder für
Gladbeck noch für Bottrop (hier endet die Umweltzone vor der B 224) dargestellt bzw.
vorgesehen.
Laut Ihrer Darstellung verkehren auf der B 224 täglich zwischen 20.000 und 40.000 Kfz.
Durch den Verkehr auf der Bundesstraße 224 werden hohe Feinstaubbelastungen (600 - 1.000
kg PM10/km und Jahr) und Stickstoffoxidbelastungen (über 10.000 kg Nox/km und Jahr)
emittiert. Die Stickstoffoxidbelastung stellt sich neben einem kurzen Streckenabschnitt in
Bottrop im gesamten Teilraum Nord entlang der B224 am höchsten dar.
Trotz dieser extremen Belastungskulisse formuliert der Planentwurf keine einzige kurz- bis
mittelfristige Maßnahme, um die Anwohner vor der hohen Schadstoffbelastungen zu
schützen. Dies obwohl Wohn- und private Freiräume (z.B. an der Gartenstraße, der
Ringeldorfer Straße, der Grabenstraße oder auch der Horster Straße) unmittelbar an die
B 224 angrenzen. Warum der Planentwurf auf die festgestellten Belastungen nicht mit
konkreten Maßnahmen reagiert, wird nicht ersichtlich.
Für die Menschen im Betrachtungsgebietes des Teilplans Ruhrgebiet Nord werden
damit deutlich andere Bewertungsmaßstäbe angesetzt als beispielsweise für Menschen im
Betrachtungsgebiet des Teilplans Ruhrgebiet West, der durch die
Bezirksregierung Düsseldorf aufgestellt wird. Hier reagiert der Luftreinreinhalteplan
auch auf die Belastungen der Bundesstraße mit konkreten kurzfristigen und
mittelfristigen Maßnahmen: C.0.2.07 Efeubepflanzung, C.0.2.08: Verkehrsverbote, C.0.2.09:
Nassreinigung, C.0.2.10 Optimierung der Ampelschaltungen, C.1.2.05: Ausweisung einer
Umweltzone.
Die unterschiedlichen Maßstäbe zum Schutz der Bevölkerung vor
gesundheitsgefährdenden Schadstoffen in den jeweiligen Teilgebieten sind nicht
nachvollziehbar und sind nicht zu akzeptieren.
Wir fordern die Formulierung von kurz- und mittelfristigen Maßnahmen auch für die
Bundesstraße 224. Dies kann die Ausweisung einer Umweltzone, die die B224 einbezieht,
beinhalten (siehe auch oben). Vorstellbar ist aber auch die weitere Optimierung der
Ampelschaltungen, beispielsweise die Einrichtung einer Pförtnerampel außerhalb des
Siedlungsgebietes, damit sich insbesondere die Lkw-Verkehre nicht unmittelbar im Bereich
der Wohnnutzungen stauen. Zu prüfen sind aber auch dynamische Fahrspurzuweisungen,
Zuflussregulierungen oder z.B. ein großräumiges Lkw-Lenkungskonzept bereits ab der BAB
43. Auf derartige Maßnahmen geht der Plan nicht ein.
Es drängt sich der Verdacht auf, dass hauptsächlich die Städte und Gemeinden als
Maßnahmenträger in die Pflicht genommen werden, während sich das Land für seine eigene
Infrastruktur nicht in der Pflicht sieht, auch nur die Prüfung von geeigneten
Luftreinhaltemaßnahmen anzustoßen. Dies widerspricht dem Konnexitätsprinzip.
Auch der weitere Ausbau des regionalen Schienennetzes, die Beseitigung von Engpässen
zwischen Bottrop Hbf. und Essen-Dellwig-Ost sollte als Maßnahme und als Alternativangebot
zur parallel verlaufenden B224 in den Planentwurf aufgenommen werden. Mit dem notwendigen
Ausbau befassten sich auch Ihre Gremien im Zusammenhang mit der Integrierten
Gesamtverkehrsplanung NRW im Januar 2005.
3) Graben- / Landstraße
Als Reaktion auf die Belastung entlang der Graben- / Landstraße sieht der Planentwurf als
Maßnahme vor, den Lkw-Verkehr mittels Durchfahrtsverboten bzw. einer Umweltzone auf der
Graben- / Landstraße einzuschränken (Maßnahme C.1.4.1.21). Die Stadtverwaltung Gladbeck
lehnt diese Maßnahme jedoch ab, da sie befürchtet, dass die Lkw-Verkehre auf andere
Straßen (z.B. die Horster Straße) ausweicht. Dieser Vorbehalt ist, wie der Teilplan auf
den Seiten 112 bis 113 selber ausführt, unzulässig. Dies gilt erst recht, solange er
nicht Alternativen zum Schutz der Anwohner vor gesundheitsschädigenden Belastungen
darstellt. Ausweichverkehre ließen sich ggf. durch die Ausweisung einer großräumigen
Umweltzone verhindern.
Ich bitte Sie, mir mitzuteilen, in wie weit meine Anregungen in den Luftreinhalteplan
einfließen. Kopien meiner Stellungnahme sende ich der Stadtverwaltung Gladbeck, der
Deutschen Umwelthilfe, der Fraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Regionalrat sowie der
Fraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN im Landtag NRW zur Kenntnis.
Mit freundlichem Gruß

Links zu diesem Thema:
Antwort der Bezirksregierung vom 11.07.2008 (166
kB, pdf)
Planentwurf
des Luftreinhalteplans Ruhrgebiet, Teilplan Nord (7 MB, pdf)
Vortrag zum Luftreinhalteplan im
Umweltausschuss vom 31.04.2008 (3 MB, pdf)
Stellungnahme der Stadt Gladbeck vom 27.05.2008 zum Planentwurf (336 KB, pdf)
Dringlichkeitsantrag vom
18.05.2008: "Luftreinhalteplan Ruhrgebiet"
Greenplease 04/2008: Luftreinhalteplan liegt aus, S. 6 (435 KB, pdf)

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