14. Mai 2007

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Schreiben an Herrn Bürgermeister Ulrich Roland
Einzelhandelskonzept für die Stadt Gladbeck
Stellungnahme von Bündnis 90/DIE GRÜNEN Gladbeck

Sehr geehrter Herr Roland,
sehr geehrter Herr Tum,

zur weiteren Beratung und Verabschiedung des durch die CIMA Stadtmarketing GmbH vorgelegten Einzelhandelskonzeptes für die Stadt Gladbeck baten Sie die Mitglieder des Stadtplanungs- und Bauausschusses um schriftliche Hinweise und Anregungen. Dieser Bitte komme ich für Bündnis 90/DIE GRÜNEN wie folgt gerne nach.

Insgesamt leistet das vorliegende Gutachten auch vor dem Hintergrund der Novellen des Landesentwicklungsprogramms (LEPro) sowie des Baugesetzbuches (BauGB) einen soliden Beitrag zur Sicherung und Weiterentwicklung der Versorgungsstruktur in Gladbeck sowie zur nachhaltigen, zentrenverträglichen Steuerung von Einzelhandels­vorhaben.

In den Beratungsprozess wollen wir folgende Anmerkungen vorab schriftlich einbringen:

1) Innenstadt (-entwicklung):

  • Mit Schließung von P&C am Marktplatz haben sich erhebliche Umbrüche mit größeren Leerständen in der unteren Horster Straße ergeben, die noch nicht in das Gutachten eingeflossen sind. So spricht der Gutachter beispielsweise von · „herausragender Handelszentralität“ von 110 im Leitsortiment „Bekleidung / Wäsche“ (S. 31) und von einer guten Marktdurchdringung von 93 der Gladbecker Innenstadt in diesem Segment (S. 42). Wir halten es für sinnvoll, die Aus­wirkungen der P&C-Schließung durch eine Nacherhebung zu analysieren und das Gutachten entsprechend zu aktualisieren.

  • Die Aussagen des Gutachters, dass es sich bei dem Sortiment „Unterhaltungs­elektronik / Elektronik“ um ein strategischen Leitsortiment zur Steigerung der Kundenfrequenz in der Gladbecker Innenstadt handelt (S. 29 f., 34 und 92), wird von unserer Fraktion unterstrichen und unterstützt. Die Etablierung eines Elektrofachmarktes in der City - sprich: in den Grenzen des ausgewiesen Zentralen Versorgungsbereiches - kann vor dem Hintergrund der bisher äußerst ge­ringen Marktdurchdringung in diesem Sortiment ein zentraler Baustein zur Stärkung der innerstädtischen Handelszentralität sowie zur Profilierung des Einzelhandelsstandortes sein (S. 42). Wir halten es daher genau wie der Gutachter für geboten, die Entwicklung von Wettbewerbsstandorten in nicht integrierter Lage auf jeden Fall zu vermeiden. Ein Elektrofachmarkt braucht, um entsprechende Magnetwirkungen zu entfalten und nicht auf einen solitären Pkw-Standort reduziert zu werden, die unmittelbare Anbindung an die Fußgängerzone.

  • Im Sortiment „Spiel, Sport, Hobby“ wird im Hinblick auf den nur mäßigen Umsatzanteil für die Innenstadt Ergänzungsbedarf gesehen (S. 25). Dieser Fest­stellung, die eine weitere Stärkung der Innenstadt zum Ziel hat, widerspricht allerdings der Vorschlag, das Sortiment in der Gladbecker Liste als nicht zentren-relevant zu definieren und damit weitere Ansiedlungen auf der „Grünen Wiese“ zu ermöglichen (S. 93). Im Gegenteil sollte, genau wie für das Leitsortiment „Unterhaltungselektronik“ eine Ansiedlung im Innenstadtbereich zur Profilierung des City-Standortes forciert und Standortverlagerungen (aus nicht integrierter Lage wie der Möllerstraße) mittelfristig als Zielvorgabe verfolgt werden. Die Defi­nition als nicht-zentrenrelevantes Sortiment widerspricht zudem dem LEPro, welches Spielwaren und Sportartikel als zentrenrelevantes Leitsortiment vorgibt. Zur Stärkung der Zentren, insbesondere der Gladbecker Innenstadt, empfehlen wir demnach eine Einordnung des Sortiments „Spiel, Sport, Hobby“ entsprechend des LEPro als zentrenrelevantes Sortiment.

  • Handlungsbedarf sieht der Gutachter u.a. hinsichtlich der „Discountlastigkeit“ des Citycenters (S. 47). Aufgabe von Politik und Verwaltung muss es unseres Erachtens sein, auf eine Modernisierung bzw. Neuentwicklung des Standortes hinzuwirken. Dies könnte optional auch den Abriss und die Neubebauung des Areals be­deuten. Ähnliches gilt (ebenfalls optional) selbstverständlich für die Schönhoff-Immobilie (P&C). Für das Citycenter könnten sich mit Verkauf der Extra-Märkte an die REWE-Gruppe und den damit einhergehenden Umstrukturierungsdruck ohnehin Entwicklungen abzeichnen.

  • Für weitere Fachmarktansiedlungen in der Innenstadt wird durch das Gutachten auch das Quartier der Horster Straße, südl. der Wilhelmstraße, in Augenschein genommen. Die auf S. 47 angesprochene Quartiersanalyse aus Mai 2007 liegt uns nicht vor. Wir bitten darum, uns diese nachzureichen. Bevor der Innenstadtkern allerdings diffusiert, müssen Standortentwicklungen in zentralen Citybe­reichen Vorrang haben (siehe oben).

2) Mitte II:

  • Die Discounteragglomeration, die sich im Gewerbegebiet entlang der Buerschen Straße etabliert hat, sehen wir nicht als angemessenen Ersatz für die Nahversorgung des Stadtteils. Es handelt sich um einen nicht-integrierten Standort, der sich ausschließlich auf Pkw-Kunden („Kofferraumkäufer“) aus­richtet. Die einzelnen Standorte (ALDI, LIDL, Trinkgut etc.) sind nicht unter­einander vernetzt und trotz direkter Nachbarschaft nur mit dem Pkw zu erreichen (S. 58). Zur Sicherung der Nahversorgung im Stadtteil Mitte II müssen daher (auch hinsichtlich der weiteren Wohnbauausweisung im Bereich Bloomshof) städtebaulich integrierte Standorte entwickelt werden. Dies könnte - wie im Gut­achten vorgeschlagen - im Kreuzungsbereich Buersche Straße / Erlenstraße erfolgen, aber auch entlang der Bülser Straße, die ebenfalls Besätze von Einzel­handel (Bäckerei etc.) vorweist. Sobald sich Entwicklungschancen in integrierter Lage abzeichnen, sollte die Ausweisung eines zentralen Versorgungsbereiches in Betracht gezogen werden.

3) Butendorf:

  • Der Realisierung des städtebaulichen Konzeptes einer „Kleinen Mitte Butendorf“ im Standortbereich der Tacke-Immobilie und der Moschee räumt der Gutachter nur begrenzte Entwicklungsmöglichkeiten ein (S. 70). Dennoch sind wir der Meinung, dass auch vor dem Hintergrund der großzügigen Wohngebietsausweisung im Baugebiet Wielandgarten, zur Sicherung einer fußläufig erreichbaren Nahversorgung an dem Konzept festgehalten werden soll. Folglich teilen wir die Meinung des Gutachters, die Entwicklung eines Discounterstandortes im Bereich Horster Straße / Bergmannstraße - auch zum Schutz der Innenstadt - abzu­lehnen (S. 69). Wie für Schultendorf könnte auch für den Bereich „Kleine Mitte Butendorf“ ein potenzieller Nahversorgungsbereich abgegrenzt werden, u.a. auch um Investoren mit der Möglichkeit der Verortung von großflächigem Einzelhandel auch Entwicklungsanreize an diesem Standort zu bieten.

4) Zweckel:

  • Die Abgrenzung des Zentralen Versorgungsbereichs durch den Gutachter ist nach­vollziehbar, kann aber in der westlichen Ausdehnung ggf. reduziert werden. Die notwendige Entwicklung des ALDI-Marktes wird - wie seinerzeit im Stadtplanungs- und Bauausschuss vorgestellt - im Bereich der abgängigen Wohnsubstanz befürwortet (S. 38, 59-60). Hierbei ist unseres Erachtens sicher zu stellen, dass sich der Neubau städtebaulich in das Umfeld einfügt (z.B. bzgl. Geschossigkeit und Dachform). Hier würden wir einen Bericht der Verwaltung zum Sachstand der damals vorgelegten Planungen begrüßen.

5) Alt-Rentfort / Rentfort-Nord:

  • Die Darstellung des Zentralen Versorgungsbereiches für Alt-Rentfort entspricht unseres Erachtens nicht der Intention des Gesetzgebers. Zentrale Versorgungsbereiche sollen u.a. ein vielfältiges und dichtes Angebot an öffentlichen und privaten Versorgungseinrichtungen aufweisen. Die vorgenommene Abgrenzung in Alt-Rentfort soll allerdings vornehmlich der Absicherung der zwei solitären Discounter dienen (S. 81). Da diese sich beide unterhalb der Großflächigkeit bewegen, erscheint eine Abgrenzung hinfällig. Selbst der Gutachter hält eine nachträgliche Anpassung der Versorgungsbereiche für geboten. Auf die Abgrenzung eines Zentralen Versorgungsbereiches sollte zunächst verzichtet werden.

6) Brauck / Rosenhügel:

  • Für unterversorgte Bereiche sollten auch Alternativangebote wie CAP-Märkte, also Lebensmittelmärkte, die sich auch auf Beschäftigungs-, Qualifizierungs- bzw. Sozialmaßnahmen stützen, auf ihre Realisierungsfähigkeit geprüft werden. Ein CAP-Markt wird unseres Wissens bereits in Bottrop-Grafenwald betrieben. Soweit die Stadt hierauf Einfluss nehmen kann (durch Grundstücksverfügbarkeit, Baurecht etc.) sollten ggf. stärke Standorte mit der Bedingung (weiter) entwickelt werden, dass der potenzielle Betreiber auch Angebote an schwächeren Standorten vorhält.

7) Standortagglomerationen des großflächigen Einzelhandels:

  • Wie der Gutachter stehen wir der Entwicklung eines Fachmarktzentrums an der Rockwoolstraße kritisch gegenüber, solange nicht ausgeschlossen werden kann, dass er als konkurrierender Wettbewerbsstandort kontraproduktiv auf die Vitalität der Innenstadt wirken kann (S. 47). Auch bei der Ansiedlung von Märkten mit nicht-zentrenrelevanten Sortimenten, muss die Zentrenverträglichkeit von innenstadtrelevanten Randsortimenten konkret geprüft werden (S. 66). So ist die geplante Baumarktansiedlung vor dem Hintergrund der Aussage des Gutachters, dass diese durch die zunehmende Kaufkraftbindung im Seg­ment „Hausrat, Glas, Porzellan, Keramik“ ebenfalls in Konkurrenz zu Fachgeschäften der Innenstadt treten, kritisch zu prüfen (S. 25). Bei einer Verkaufs­fläche von insgesamt 8.000 m² könnte das zentrenrelevante Randsortiment be­reits die Schwelle zur Großflächigkeit erreichen und wäre entsprechend zu steuern oder zu beschränken.

  • Großflächigen Einzelhandel mit nicht-zentrenrelevanten Sortimenten in allen Ge­werbegebieten mit bereits etablierten Einzelhandelsbesatz zuzulassen (S. 94), kann weder im Sinne des Gesetzgebers, noch im Sinne der lokalen Wirtschafts­förderung sein. Mehrfach wies die Wirtschaftsförderung auf die knappen Flächenressourcen, die für lokale und regionale Gewerbetreibenden vorgehalten wird, hin. Aus diesem Grund wurde letztendlich eigens das Gewerbegebiet an der Hegestraße mit hohem (finanziellem) Aufwand erschlossen. Dass Einzelhandelsansiedlung selbst im Gewerbepark Brauck zugelassen werden soll (S.97, 98), steht im Widerspruch zu einer vorsorgenden Gewerbeflächenpolitik für die lokale und regionale Wirtschaft. Ähnlich wie im Fall der Bordellbetriebe regen wir die Überarbeitung der Bebauungspläne für Gewerbegebiete an, indem die Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben deutlich beschränkt wird.

Mit freundlichem Gruß

Bernd Lehmann
Ratsherr

Links zu diesem Thema:

pdflogo.jpg (868 Byte) Einzelhandelskonzept der Stadt Gladbeck (3 MB, pdf)

pdflogo.jpg (868 Byte) Beschluss vom 29.05.2008: Anregungen werden zum Teil aufgegriffen

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