17. Dezember 1998
Etatrede 1999

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine Damen und Herren!

Die diesjährigen Haushaltsberatungen finden vor dem Hintergrund veränderter bundespolitischer Rahmenbedingungen statt. Sicherlich war der Start der neuen Regierung ein wenig holprig, wer mag dies ernsthaft kritisieren, nach der erstmaligen Abwahl einer amtierenden Regierung am 26. September. Es zeigt sich für Bündnis 90 / Die Grünen, wie schon in NRW, dass in vielen Fragen die Grünen nicht zu konfliktscheu sein dürfen, wenn die neue Regierung die hohen öffentlichen Erwartungen auch nur ansatzweise erfüllen soll. Die SPD muß halt gelegentlich zum Jagen getragen werden. Dennoch sind aus den Koalitionsvereinbarungen schon heute eine Reihe von Feldern ersichtlich, in denen konkrete Auswirkungen auf die Städte und Gemeinden zu erwarten sind. Ich nenne hier nur exemplarisch tiefgreifende Veränderungen in der Umweltgesetzgebung oder Modifizierungen beim Energiewirtschaftsrecht, die gerade Gladbeck und seine aktuelle Diskussion über die zukünftige Energieversorgung interessieren werden.

Nicht zu vergessen die anstehende Neuregelung des Staatsbürgerschaftsrechts, die in Gladbeck in den kommenden Jahren aus vielleicht 4000 - ausländischen Mitbürgern Bürger machen wird, die sich dann auch in die Politik in stärkerem Maße als bisher einmischen und deren Gesicht ein Stück weit verändern werden. Wir begrüßen das ausdrücklich!

Zentrales Thema in Bund, Land und Kommune ist und bleibt jedoch die Frage der Schaffung von Arbeitsplätzen. Die altindustriellen Strukturen brechen in und um Gladbeck weiter weg, die jetzt angekündigte vorzeitige Schließung der Zeche Hugo belegt dies ebenso wie die zu erwartende Verlagerung der RAG Zentralwerkstätten hier bei uns. Die Möglichkeiten der Stadt sind sicherlich begrenzt und werden allein die damit verbundenen Arbeitsplatzverluste nicht wettmachen können. ABM, Arbeit statt Sozialhilfe, Beschäftigungsförderungsgesellschaften sind wichtige Instrumente zur Linderung aktueller Not. Wir begrüßen das Engagement der Stadt in diesen Bereichen und tragen es natürlich mit. Aber eine nachhaltige Wirkung verspricht dies leider nicht. Gründerzentren wie das IZW legen einen Grundstein für eine Umstrukturierung in zukunftsfähige Branchen. Diese Bemühungen müssen verstärkt werden. Gründungen sind ein wesentlicher Bestandteil des Strukturwandels. Diese brauchen oft nur kleine Maßnahmen, um mit einer guten Idee loszulegen: Viele größere Betriebe sind in kleinen Büros entstanden. In diesem Sinne war angesichts der Entspannung auf dem Wohnungsmarkt auch unser kürzlicher Vorstoß zu verstehen, die Stadt möge bei Wünschen nach Umwidmung von Wohn- in Büroraum großzügig verfahren. In die selbe Richtung zielte unser letztjähriger Etatantrag zur Ausgabe einer städtischen Existenzgründungsprämie für Multimediafirmen, der leider keine Mehrheit im Rat fand. Ein ebenfalls - wenn auch sehr bescheidener Schritt - in Gladbeck das Klima für innovative Köpfe zu verbessern, ist unser Vorschlag zur Ausschreibung eines Multimedia-Preises. Dies schafft einen Anreiz für junge Menschen, sich in die Bereiche hineinzuarbeiten, die Jobperspektiven bieten. Wir hoffen, dass die Verwaltung gute Ideen entwickeln wird, mit diesem Beschluß umzugehen und bieten ausdrücklich unsere Mitarbeit an!

Eine wichtige Aufgabe wird es sein, zusammen mit dem Eigentümer ein überzeugendes Nutzungskonzept für die RAG Zentralwerkstatt zu entwickeln. Um sich Anregungen zu holen, wird der Wirtschaftsförderungsausschuss auf Anregung meiner Fraktion demnächst das -Triple-Zì in Essen besichtigen, ein Gewerbezentrum zukunftsweisender Art.

Der Vorschlag der CDU, in den Zentralwerkstätten eine Jugenddisco einzurichten, ist nicht durchdacht. Wir stehen zu unserer Idee, ein Diskothekenangebot für Gladbecker Jugendliche zu schaffen, nach wie vor. Aber hier ist zunächst die Verwaltung gefordert, mit einem geeigneten Privatinvestor, wovon es nach unserer Recherche durchaus einige gibt, ein gutes Konzept zu entwickeln. Die Zentralwerkstätten sind weder von der Räumlichkeit noch von der Lage besonders geeignet hierzu.

Meine Damen und Herren,

wir haben erneut zur Kenntnis nehmen müssen, das gut Ding in diesem Haus manchmal Weile haben will. Dies läßt sich besonders anschaulich an den Beschlüssen im Kulturbereich verdeutlichen. Nicht erst seit gestern ist bekannt, dass die Honorare der Gladbecker Volkshochschule zum Teil wesentlich unterhalb der Marge vergleichbarer Städte liegen. Kompetente Dozenten und Kursleiter sind hingegen nicht ortsgebunden. Gerade im Ballungsraum Ruhrgebiet können diese unter den Jobangeboten der Städte problemlos auswählen. Und da sind Stundenhonorare von 40 Mark nun einmal interessanter als solche von 28 Mark. Bündnis 90 / Die Grünen waren auf dieses Problem schon frühzeitig aufmerksam geworden. Bereits im vergangenen Jahr wagten wir bei den Etatberatungen einen entsprechenden Vorstoß. Dieser erhielt jedoch nicht die Unterstützung der beiden anderen Fraktionen. Wir nehmen mit Genugtuung zur Kenntnis, dass einer Aufstockung in diesem Jahr nun nichts mehr im Wege stand, wenn auch nicht in der von uns für sinnvoll erachteten Höhe. An dieser Stelle sei Herrn Pollmann und seinem Team gedankt, dass es ihnen gelungen ist, trotz des bestehenden Wettbewerbsnachteils bislang zu jedem Semester ein sehr attraktives Programmangebot auf die Beine zu stellen!

Befriedigt sind wir auch darüber, dass unsere ebenfalls bereits im vergangenen Jahr vorgelegte Anregung, das Angebot der Städtischen Galerie um einen Ausstellungskatalog, oder - wie es im SPD-Antrag hieß: eine Dokumentation - zu erweitern. Dies ist geübte Praxis bei guten Galerien und dieser Beschluss zeigt auch, dass wir mit unserer Galerie im Rathauspark unser Licht nicht unter den Scheffel stellen müssen. Wir haben dort in den letzten Jahren, durch das Zusammenspiel vieler Beteiligter eine attraktive Stätte etabliert. Wieso die SPD hierfür 2000 Mark mehr etatisiert hat als Herr Weggel von der Auswahlkommission im Kulturausschuss vorgeschlagen hat, ist nicht ersichtlich, schaden wird dieser finanzielle Spielraum der beabsichtigten Publikation jedoch nicht.

Wobei ich dies zum Anlass nehmen möchte, noch einmal meine Ausführungen aus dem Haupt- und Finanzausschuss in Erinnerung zu rufen: An zahlreichen Stellen sind von den Fraktionen - ich nehme meine dabei nicht aus - mehr oder weniger interessante Vorschläge gemacht worden, die jedoch nur mit viel Wohlwollen einen haushaltsrelevanten Bezug erkennen lassen. Während wir uns bei derartigen Vorschlägen in der Regel mit einem Erinnerungsposten von 1000 Mark zufriedengegeben haben, waren dort auch Prüfaufträge und hausinterne Planungen mit 5.000 oder 10.000 Mark angesetzt. Dies halte ich für falsch. Wenn durch derartige als Etatvorschläge getarnte inhaltliche Anträge letztlich in der Summe nicht unwesentliche Finanzmittel haushaltstechnisch gebunden werden, stellt sich die Frage, mit welcher Berechtigung zum Teil langatmige Diskussionen geführt werden, ob die eine oder andere als sinnvoll erachtete kleinere Investition finanziell darstellbar ist.

Zum Beispiel werden für die im technischen Dezernat durchzuführende Planung eines Feuerwehrgerätehauses in Brauck, eines Festplatzes in Zweckel und einer möglichen Glasüberdachung des Rathauses - allesamt inhaltlich ja sinnvolle Vorschläge - 20.000 Mark angesetzt. Ein Antrag meiner Fraktion, die gleiche Summe für zusätzliche Straßenbaumpflanzungen im Stadtgebiet anzusetzen, scheitert hingegen. Dies ist nur schwer nachvollziehbar!

Den konkreten Fall verschmerzen wir nur deshalb, weil es in diesem Jahr gelungen ist, die fruchtlose Debatte um eine mögliche Aufgabe der städtischen Baumschule hoffentlich endgültig und im Sinne der Einrichtung zu beenden. Durch die jüngsten Beschlüsse, zuletzt die Wiedereinstellung einer Haushaltsziffer für die Beschaffung von Jungware, dürfte dieser Parforce-Ritt des Bürgermeisters wohl beendet sein. Im Stile eines Liquidators haben Sie, Herr Schwerhoff, nichts unversucht gelassen, diesen Teilbereich des Grünflächenamtes zu entfernen, obwohl schon sehr frühzeitig erkennbar war, dass es hierfür im Rat keine Mehrheit geben würde. Die Argumentation blieb bis zuletzt dürftig und betriebswirtschaftlich wenig nachvollziehbar. Wir wünschen uns von Ihnen, dass sie an andere, offensichtlicher defizitäre Bereiche der Stadtverwaltung mit der gleichen Verve herangehen. Wenn dies passiert, haben Sie uns auch auf ihrer Seite, zur Not auch gegen Widerstände. Nur erwarten wir plausible und stimmige Zahlen und Berechnungen, die der Gladbecker Bevölkerung auch vermittelbar sind.

Viel bedeutsamer für die Entwicklung unserer Stadt ist die Frage unter welchen Vorzeichen, mit wem, und zu welchen Konditionen in Zukunft die Energieversorgung der Gladbeckerinnen und Gladbecker geregelt wird. Auch dabei hat sich im Laufe des zu Ende gehenden Jahres der Staub teilweise gelichtet. Der Bürgermeister hatte sein -Coming Outì als ELE-Befürworter, die CDU-Fraktion unter sachkundiger Begleitung des Kollegen Fischbach ebenfalls. ƒhnlich wie in Sachen Baumschule gibt es für diese Vorfestlegung weder überzeugendes Zahlenmaterial noch einen perspektivischen Grund. Interessanterweise finden ähnliche Diskussionen andernorts mit umgekehrten Vorzeichen statt. So hat sich die CDU in unserer Kreisstadt Recklinghausen einem Vorschlag der Grünen, andere Wege als den an der Seite des Monopolmultis intensiv zu untersuchen angeschlossen. In Gladbeck, einer Stadt, die sich rühmt als erste NRW-Stadt mit schwarz-grüner Mehrheit einen Bürgermeister gewählt zu haben, geht dies erstaunlicherweise nicht. Da wir nicht zu den Menschen gehören, die bei roter Ampel die Straße überqueren bloß weil der Nebenmann es auch tut, sind die Beschlüsse der Nachbarstädte Bottrop und Gelsenkirchen kein hinreichendes Argument, dies ebenfalls zu tun. Die bislang in Sachen Energieversorgung geführten Gespräche mit interessanten möglichen Kooperationspartnern machen mehr als deutlich, dass wir mit unserer Weigerung, jetzt auf den breiten Schoß der alten Tante RWE zu springen, die Interessen der Gladbecker Haushalte vertreten. Bottrops und Gelsenkirchens Vertretungen müssen sich den Vorwurf von Trägheit und mangelnder Weitsicht gefallen lassen lassen.

Ein sinnvoller Antrag meiner Fraktion, der erwartungsgemäß von CDU und Bürgermeister, bedauerlicherweise aber auch von der SPD abgelehnt worden ist, hinterläßt einen äußerst faden Nachgeschmack. In Konsequenz der geführten Gespräche mit möglichen Kooperationspartnern und logisch auf die zuletzt im HFA gefaßten Beschlüsse aufbauend haben wollten wir auf dem Wege einer Verpflichtungsermächtigung 100.000 Mark im Etat 2000 sichern, um Startkapital für die mögliche Gründung einer gemischtwirtschaftlichen Energiehandelsgesellschaft vorzuhalten. Durch Ihre schwach begründete Ablehnung dieser Vorschlags haben Sie, meine Damen und Herren von der SPD, gleich in zwei Richtungen ein falsches Signal ausgesendet. Zum einen in Richtung RWE: Eine Etatisierung im genannten Sinne würde dem RWE ein weiteres Mal deutlich machen, dass mit dem vorgelegten ELE-Entwurf in Gladbeck wohl kein Blumentopf zu gewinnen sein wird. Um hier möglicherweise doch noch ins Geschäft zu kommen, sollte das Signal sein, wären andere Angebote nötig!

Zum zweiten ist ihr Signal auch bei unserer Fraktion angekommen und bestätigt diejenigen in unseren Reihen, die den Verdacht haben, dass die SPD die Diskussion über Gladbecks energetische Zukunft bloß noch über die Kommunalwahlen schleppen will, um dann - natürlich mit dem Ausdruck höchsten Bedauerns - ins Lotterbett mit Herrn Westen und seiner ELE zu kriechen. Wir werden alles in unserer Macht stehende tun, damit hier eine zukunftsfähige Entscheidung zu Stande kommt, ökonomisch und ökologisch!

Meine Damen und Herren,

auch der praktische Umgang mit Fragen der Energie- und Wärmeversorgung ist in der Stadtverwaltung Gladbeck weiterhin unterbelichtet. Die Schaffung personeller Ressourcen, die sich größtenteils durch zu erschließende Einsparpotentiale selbst tragen würde, wird von SPD und CDU seit Jahren mit gleich großer Beharrlichkeit wie Inkompetenz abgelehnt. Dabei zeigt sich bei jedem neuen Anstoß meiner Fraktion in diesem Bereich, dass eine Kompetenz bündelung und -erweiterung dringend notwendig ist. In Gladbeck ist ein kommunales Energiemanagement mit den Komponenten Energiebuchhaltung, Schwachstellenanalyse und systematisches Optimieren durch laufendes Controlling, Vertragsüberwachung, Schulung und Planung investiver Maßnahmen kaum vorhanden. Wenn wir auch in diesem Etat wenige Monate nachdem deren Sinnhaftigkeit im Energiesparbereich vom zuständigen Fachdezernenten noch bestritten worden ist erstmals Ansätze von Contracting finden und auch das von uns seinerzeit initiierte Programm zur Finanzierung geringinvestiver Energiesparmaßnahmen ins fünfte Jahr geht, herrscht weiterhin Handlungsbedarf. Ich hoffe, dass wir auch hier mit - sicherlich vermeidbarer - Verzögerung in einem der nächsten Jahre den Mainstream in diesem Hause erreichen.

Diese Hoffnung hegen wir seit Jahren vergeblich im Bereich Abfallwirtschaft. Man gewöhnt sich ja leider auch an Ablehnungen, die Beharrlichkeit, mit der beide großen Fraktionen in der abfallpolitischen Steinzeit verharren, verdient schon eine herausgehobene Betrachtung. Verursacherorientierte Müllgebühren, mittels eines geeigneten Ermittlungssystems erhoben, sind inzwischen Alltag in vielen Städten zwischen Flensburg und Rosenheim. Nur in Gladbeck nicht, hier gäbe es ohne massive Intervention der Grünen sogar noch Mengenrabatte für Müllproduzenten.

Es ist schon bezeichnend, dass der einzige Beitrag des Kollegen Hartmann, halb fraktionslos, halb SPD, während der zwölfstündigen Etatberatungen im HFA ausgerechnet eine abwertende Bemerkung zu diesem Haushaltsvorschlag war. Wir erinnern uns noch gut an den Wahlkampf 94. Damals ist Herr Hartmann mit seiner Gruppierung für zwei Ziele angetreten: Die Macht der SPD zu brechen und ein gerechteres Abfallsystem einzuführen. Herr Hartmann, gründlicher und schneller als Sie kann man die eigene jüngere Vergangenheit wahrlich nicht entsorgen!

Die Sammlung von Bioabfällen, inzwischen im Landesabfallgesetz verankert, vom Kreis mit einer verbraucherfreundlich niedrigeren Gebühr verankert, läßt ebenfalls weiter auf sich warten. Wie üblich in diesem Kontext wartet unsere Verwaltung auf den letztmöglichen gesetzlichen Termin, obwohl ein erfolgreicher Versuch stattgefunden hat und tausende von Bioabfalltonnen, für viel Geld angeschafft, irgendwo nutzlos eingelagert liegen. Ich verspreche Ihnen, dass wir sie auch im kommenden Jahr weiter jagen werden, diese - wie Dr. Andriske im HFA versicherte - finanziell abgesicherte Einführung so bald wie möglich durchzuführen.

Nicht nur das Abfallgesetz, auch eine neue Straßenverkehrsordnung ist inzwischen rechtskräftig. Da dort endlich sinnvolle Mindeststandards für Radwege festgeschrieben sind, müssen wir nun zur Kenntniss nehmen, dass ein großer Teil dessen, was sich im fahrradfreundlichen Gladbeck -Radwegì nennt, kein solcher mehr ist. Mehrfach hat sich zwischenzeitlich der Planungsausschuss - auch auf Anregung meiner Fraktion - mit der Frage befaßt, wie dieser Zustand verbessert werden kann. Um die prioritären Sanierungen des Radwegenetzes in überschaubarer Zeit umzusetzen, sind die in ihrem Kraut-und-Rüben-Sanierungsfonds vorgesehenen 75.000 Mark bei weitem nicht ausreichend. Daher haben wir vorgeschlagen, dass die Hälfte der 1,5 Mio DM in diesem Fond umgeschichtet wird für den Ausbau von Geh- und Radwegen. Wir bekennen uns eindeutig zu dieser Prioritätensetzung! So erstrebenswert die Sanierung von Sportplätzen ist, wenn Gladbecker auf dem Weg zu Einkauf oder Arbeit auf den bestehenden ehemaligen Radwegen verunglücken, weil Wege zu schmal, Kanten zu hoch und der Asphalt aufgerissen ist, hat dies den Vorrang! Und Ihnen allen ist bekannt, wie preiswert und sicher wir den Radverkehr auf der Sandstraße/Europabrücke führen könnten, wenn sie nicht wider besseres Wissen 700.000 Mark in eine unausgegorene Maßnahme stecken würden, nur um den vierspurigen Autoverkehr dort aufrecht zu erhalten! Vor allem dem unbelehrbaren Kollegen Böhle möchte ich nochmals die Zahlen einer aktuellen Untersuchung des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs ans Herz legen. Dieser hat jüngst ermittelt, dass das Unfallrisiko für Radfahrer auf den herkömmlichen Bordsteinradwegen zwölf Mal so hoch ist wie auf modernen Radspuren im Fahrbahnraum. Zwölf Mal! Aber Sie sind ja viel schlauer als die Fachleute und vertrauen nur ihren Vorurteilen!

Ein Thema mit hoffentlich wachsender Bedeutung wird in Gladbeck der Agenda-21-Prozeß werden. Wir begrüßen, dass unser Antrag, für die weitere Arbeit der Agendabeauftragten, vor allem für die Verpflichtung von Moderatoren für die zu bildenden Arbeitsgruppen, die Geschäftsausgaben verdoppelt worden sind. Die bisherigen Ansätze halten wir für durchaus erfolgreich, werden dies weiter eng begleiten und freuen uns, dass auch andere zwischenzeitlich in vielen Politikfeldern einen Bezug zur Lokalen Agenda herstellen.

Sie sehen, meine Damen und Herren, bei den Haushaltsvorschlägen meiner Fraktion standen auch dieses Jahr die Umschichtung und nicht die Ausweitung, die zukunftsfähige Perspektive und nicht der kurzfristige populistische Erfolg im Vordergrund. Das spiegelt sich auch in unserem Verhalten gegenüber den Anregungen aus den anderen Fraktionen wider. Mit dem einstimmig beschlossenen Schulbauprogramm werden die sinnvollen Investitionen der letzten Jahre in diesem Bereich fortgeschrieben. Schulen mit guten Ausstattungen und guten räumlichen Bedingungen sind eine Investition in die Zukunft unserer Stadt. Nach den lange überfällig gewesenen Erweiterungsmaßnahmen an Rats- und Riesenergymnasium fordern zu Recht auch die anderen Schulformen ihren Tribut. Ich kann nur hoffen, dass nach den Problemen mit dem Neubau am Riesenergymnasium anderen Schulen der berühmte Architekt mit dem Anfangsbuchstaben P. erspart bleibt. Wir werden jedenfalls weiterhin ein Auge darauf haben, dass auch SPD und CDU bei ihren Entscheidungen im Bauausschuss zukünftig aus Fehlern lernen und diese nicht zwanghaft immer wiederholen.

Wenn es nach der SPD ginge, hätte der Bauausschuss ohnehin nur noch Kenntnissnahmen abzunicken. Ihr Coup, per Satzung Controllingaufträge dem HFA zuzuschreiben, trägt geradezu groteske Züge! Weil Ihnen im Gegensatz zum HFA im Bauausschuss derzeit die notwendige Blockademehrheit bisweilen fehlt, packen sie denkbare mißliebige Themen schlicht dahin, wo Genosse Hartmann sie sichert! Dies kann sich jederzeit wiederholen, führt Ausschußarbeit ad absurdum und wirft ein verräterisches Licht auf ihre Machtversessenheit!

Doch sie basteln sich nicht nur Gremien, wie sie ihnen opportun erscheinen: Sie weichen, Hand in Hand mit der CDU, gerade gefasste Beschlüsse zur Korruptionsprävention wieder auf. Sie wollen die Besetzung von Planstellen in der Verwaltung wieder ein Stück mehr in den Einfluß der Fraktion bekommen. Sie wollen mit allen Mitteln externe Controller bei millionenschweren Baumaßnahmen verhindern. Ihre Fraktionsgeschäftsführerin denkt öffentlich über eine Wiederbelebung der ehemaligen Kungelconnection bei der Vergabe städtischer Grundstücke nach.

Das alles riecht äußerst muffig, werte Genossen! Hier wirft gerade die alte Braun-SPD ihren Tarnmantel der Erneuerung ab. Es ist offensichtlich, was Gladbeck zu erwarten hat, wenn die Sozialdemokraten am 12. September tatsächlich ihre alte absolute Herrlichkeit wiederbekäme. Wir werden dafür sorgen, dass die Öffentlichkeit in dieser Stadt nicht über die Frage -Schwerhoff oder Busch die sorgfältige Abwägung über die Zusammensetzung des nächsten Rates vergißt. Bei allen Schwierigkeiten im Alltagsgeschäft und allen Auseinandersetzungen: Dieser Stadt tut die Ernsthaftigkeit von Diskussionen in den Gremien gut. Man darf wohl behaupten: Die vergangenen vier Jahre waren sicherlich nicht die schlechtesten für Gladbecks Entwicklung. Wir wollen, dass dies auch nach dem 12. September so bleibt und die Entscheidungszentrale nicht wieder oben in den Sparkassenturm verlagert wird!

Meine Damen und Herren,

nicht unter Jubelgeschrei, sondern im Wissen darum, dass vieles noch nicht erreicht ist, aber gute Dinge auf den Weg gebracht werden, stimmen Bündnis 90 / Die Grünen dem Haushalt 99 zu.

Mario Herrmann
Fraktionsvorsitzender

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