Rede zum Haushalt 2023

Unsere Fraktionsvorsitzende, Ninja Lenz, hat in der Ratssitzung am 15. Dezember sich mit folgender Rede zum Haushaltsentwurf 2023 geäußert:

Vor ziemlich genau einem Jahr stand ich in der Matthias Jakobs Stadthalle und habe meine Haushaltsrede gehalten. Ich möchte mich an dieser Stelle selbst zitieren: „2008, 2015 und 2020 sollten uns gelehrt haben, dass dies vermutlich nicht die letzte Krise ist, die wir bewältigen müssen. Wir brauchen deshalb Strategien, wie wir auf diese reagieren, ohne diese Last ausschließlich in die Zukunft zu schieben.“

Keine 3 Monate danach, begann der Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine. Die Folgen sind erneute Flüchtlingsströme sowie steigende Energiekosten und einmal mehr mussten wir erkennen, dass die Krisen nicht nur immer schneller aufeinander folgen, sondern, dass wir diesen auch zunehmend ohnmächtiger gegenüberstehen. Die Landesregierung versucht die Kommunen zu entlasten, indem auch diese Kosten bilanziell isoliert werden dürfen oder sogar müssen. Zu Ende gedacht ist dieses Konzept allerdings nicht. Durch alle Parteien hinweg bleibt das ungute Gefühl, dass aufgeschoben nicht aufgehoben ist, dass wir den nachfolgenden Generationen damit eine hohe Verantwortung zuschieben. Und es stellt sich die Frage: Wie oft können wir dieses Instrument noch nutzen? Über welchen Isolierungs-Topf diskutieren wir wohl heute in einem Jahr?  

Diesen „Krisen“ gegenüber steht unsere immer klamme Stadtkasse, strukturelle Probleme, mit denen wir seit Jahrzehnten kämpfen und ein Land NRW, das seiner Verantwortung gegenüber den Kommunen noch immer nicht gerecht wird. Wir dürfen uns darauf auf keinen Fall ausruhen, denn es bleibt nach wie vor abzuwarten, ob es die lange geforderte Altschuldenlösung geben wird. Dennoch müssen wir – wie in jedem Jahr – auch darauf achten, dass unsere Stadt weiterhin lebenswert bleibt. Der Spagat wird immer größer.

Der Haushalt weist diesmal einen Überschuss von rd. 800.000€ auf. Wie knapp dies ist, ist uns allen bewusst. Meine Fraktion hat sich, im Gegensatz zu manch anderer, daher bei ihren Änderungsanträgen bewusst darauf konzentriert, Einspar-Vorschläge zu machen und neuen Ausgaben direkt eine Deckung gegenüberzustellen. Wir sind der Meinung, dass die Stadt Gladbeck die wenigen finanziellen Mittel, die ihr zur Verfügung stehen, mit viel Bedacht nutzen sollte und sich nicht scheuen sollte auch auf den ersten Blick unkonventionelle Wege zu gehen. Wie sagt man so schön: Not macht erfinderisch. Ein Schritt ist es, zum Beispiel auch die Bürger:innen mit ins Boot zu nehmen. Unser Vorschlag einen Förderverein für die Vogelinsel ins Leben zu rufen mag auf den ersten Blick ein Tropfen auf den heißen Stein sein, aber in Anbetracht des geringen Überschusses, sind es gerade diese Tropfen, die wir nicht verschenken dürfen. Wir können uns auch vorstellen an anderen Stellen die Stadtkasse zu erleichtern, indem bspw. Vereine Geld sammeln, um einen Teil eines neuen Vereinsheims mitzufinanzieren. Wir sollten außerdem verstärkt auf die Nähe zu den Nachbarstädten setzen. Gerade im Ruhrgebiet braucht nicht jede Stadt alles. Gerade hier sollten wir Synergieeffekte nutzen. 

Uns Grünen ist das Thema Nachhaltigkeit extrem wichtig. Dies gilt natürlich besonders im Hinblick auf unsere größte und alles umfassende Krise – nämlich die Klimakrise. Wie wichtig auch vor Ort das Vorantreiben der erneuerbaren Energien ist, sollte jedem seit Putins Angriffskrieg bewusst sein. Darum sind wir froh, dass wir endlich den unsäglichen Kampf gegen Windmühlen beendet haben und das mit breiter Mehrheit. Nachhaltige Mobilität ist ein ebenso wichtiger Aspekt. Darum ist es gut, dass der Verkehrsversuch auf der Buerschen Straße nun zur Umsetzung kommt. Denn der Umstieg vom Auto muss attraktiver werden und wer sich nicht sicher fühlt, steigt nicht aufs Rad.


„Uns Grünen ist das Thema Nachhaltigkeit extrem wichtig. Dies gilt besonders im Hinblick auf unsere größte und alles umfassende Krise – nämlich die Klimakrise.“

– Ninja Lenz, Fraktionsvorsitzende

Nachhaltigkeit muss aber auch finanziell gelebt werden. Dies gilt es besonders bei neuen Investitionen mitzudenken. Denn Pflege und Instandhaltung neuer Projekte muss man sich auch leisten können. Andernfalls währt die Freude nicht besonders lang. Den Nachhaltigkeitsgedanken und auch den Willen zu sparen bzw. anzuerkennen, dass man sich als eine Stadt wie Gladbeck nicht auf allzu großem Fuß bewegen kann, haben wir bei diesen Beratungen auch auf Seiten der Verwaltung gespürt. Auch die Gespräche mit der SPD waren dahingehend konstruktiv und es wurde klar, dass alle wissen, dass man an einem Strang ziehen muss, um die Probleme in den Griff zu bekommen. Unserer Forderung nach einem Sperrvermerk und einem Bewirtschaftungskonzept für die entstehende IGA-Haldenlandschaft wurde entsprochen, was uns deutlich gezeigt hat, dass unser Wunsch nach nachhaltiger Stadtentwicklung ernst genommen wird. Dazu gehört natürlich auch, den Bestand zu pflegen. Die Erneuerung des Spielplatzes am KARO ist daher wichtig und richtig und trägt außerdem auch dazu bei, den Jüngsten in unserer Stadt einen Ort zum Bewegen und Spielen zu geben und ist gleichzeitig auch ein wichtiger Anlaufpunkt für die Kinder an der Steinstraße.

Das Thema Steinstraße 72 war in diesem Jahr vielleicht das viel diskutierteste Thema in unserer Stadt. Wir haben keinen Zweifel daran, dass die Situation vor Ort für die Anwohner belastend ist. Dennoch wird in unseren Augen an dieser Stelle ein falsches Bild unserer Stadt vermittelt. Wir sehen ein, dass sich die Aufgaben des Ordnungsdienstes nicht zuletzt auch durch die Präsenz an der Steinstraße erhöht haben, dennoch hat uns die Diskussion um die Aufstockung des KOD in diesen Beratungen am meisten gestört. 
Wir halten es für falsch, in dieser Haushaltslage den KOD in den nächsten Jahren um insgesamt 6 Stellen aufzustocken. Immer wieder hört man, dass man sich nicht mehr sicher fühle, hier wieder eine Geldbörse geklaut wurde oder dort eine Bande Jugendlicher für Unruhe sorge. Durch die Medien und auch aus den Auftritten der Parteien auf Social Media wird den Bürger:innen suggeriert, dass mehr KOD mehr Sicherheit bedeutet. Doch dafür ist der KOD einfach nicht zuständig. Wer hier mehr will, muss sich für mehr Polizei einsetzen. Doch diese sieht keine Notwendigkeit, denn: Gladbeck ist eine sichere Stadt! Das hat die Polizei im Sicherheitsausschuss bestätigt – subjektives Empfinden und objektive Datenlage stimmen nicht überein. Für ein subjektives Gefühl sollten wir allerdings nicht fast die Hälfte unseres Haushalts-Überschusses ausgeben, indem wir bis 2025 360.000€ für den KOD ausgeben. An dieser Stelle möchte ich meine Fraktionskollegin Stuckel-Lotz zitieren: Und wenn wir noch 20 KOD Stellen schaffen – geklaut wird dann immer noch! 

Besser wäre es, auf mehr Zusammenarbeit zwischen Polizei, Streetworkern und Ordnungsdienst zu setzen, um dem KOD die Möglichkeit zu geben, sich auf seine originären Aufgaben zu konzentrieren. Und dann sind weitere Stellen eventuell auch gar nicht mehr nötig.

Der Stellenplan besteht allerdings nicht nur aus diesen beiden KOD Stellen. Darum werden wir ihm in diesem Jahr auch zustimmen. Dennoch möchten wir betonen, dass wir im nächsten Jahr unter diesen Umständen keinem Stellenplan mehr zustimmen werden, der weitere KOD-Stellen beinhaltet. 

Wir können heute nicht sagen, über was wir diskutieren, wenn wir nächstes Jahr den Haushalt für 2024 beschließen, aber wir können sicher sein, dass auch 2023, so wie 2022, ein herausforderndes Jahr wird. Mit dem vorliegenden Haushalt haben wir allerdings aus unserer Sicht weitestgehend das Beste aus dieser Lage gemacht. Aus diesem Grund stimmen wir dem Haushalt heute zu.
Wir hoffen, dass die Diskussionen im kommenden Jahr weiterhin konstruktiv verlaufen und vom Willen geprägt sind, diese Stadt nachhaltig und verantwortungsvoll zu gestalten.